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Silvester in Spanien: Glückstrauben und rote Unterwäsche - aber bloß kein Feuerwerk!

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Von: Judith Finsterbusch

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Viele Menschen stehen nachts auf einem Platz vor einem großen Gebäude.
In Spanien versammelt man sich an Silvester auf einem zentralen Platz. © Rathaus Murcia

Wer Silvester in Spanien feiert, sollte über die wichtigsten Traditionen Bescheid wissen. Absolutes Muss: Zwölf Trauben und rote Unterwäsche.

Madrid – In Spanien zählt auch Silvester noch zur Weihnachtszeit – ab Heiligabend bis zum großen Finale am Dreikönigstag, wenn die Kinder endlich ihre Geschenke bekommen, läuft alles unter Fiestas Navideñas. Beim Jahreswechsel geht es allerdings wenig besinnlich, dafür umso feucht-fröhlicher zu. Wer nun in Spanien ins Jahr 2023 reinfeiern möchte, könnte auf den ein oder anderen ungewohnten Brauch stoßen. Im Folgenden die wichtigsten spanischen Silvester-Traditionen kurz zusammengefasst.

Silvester-Tradition in Spanien: Nichts geht ohne Glückstrauben

Der wohl bekannteste und am meisten beherzigte Silvester-Brauch in Spanien ist das Schlucken von zwölf Glückstrauben. Schon Tage vor dem Jahreswechsel gibt es die abgezählten zwölf Weintrauben in kleinen Dosen in jedem Supermarkt zu kaufen – ganz normale, möglichst kleine und kernlose Trauben tun es aber natürlich auch. Die zwölf Weintrauben werden im Takt der ersten zwölf Glockenschläge im neuen Jahr gegessen. Diese sogenannten Campanadas werden im spanischen Fernsehen auf allen Sendern vom berühmten Platz Puerta del Sol in Madrid übertragen.

Die Glockenschläge selbst sind eine ganz eigene Silvester-Tradition in Spanien. Sie erklingen von der großen Uhr an der Real Casa de Correos auf dem Platz in Madrid, doch vorab läutet eine große Kugel den Countdown für den Jahreswechsel ein. Exakt 28 Sekunden vor Mitternacht beginnt diese Kugel von der Uhr abwärts zu sinken, begleitet von Glockenschlägen. Um 0 Uhr dann folgen die eigentlichen zwölf Glockenschläge, zu denen jeweils eine Glückstraube gegessen wird: Alle drei Sekunden läutet die Glocke, zu jeder ist eine Traube zu „schlucken“ – fürs Kauen bleibt kaum Zeit. Ein Tipp: Sind die Trauben geschält, geht das Schlucken schneller. Wie so ziemlich alle Silvester-Traditionen sollen die zwölf Trauben im neuen Jahr Glück bringen, und zwar Monat für Monat.

Zwölf Trauben und ein Partyset: Silvester-Traditionen in Spanien

Angebaut werden die Silvester-Trauben, die ganz Spanien um Mitternacht schluckt, übrigens im Hinterland der südlichen Costa Blanca, im Vinalopó-Tal. Eine der zahlreichen Theorien, warum man in Spanien zum Jahreswechsel zwölf Weintrauben isst, kommt daher auch aus Alicante: Im Jahr 1909 fuhren die Landwirte eine besonders gute Traubenernte ein, und um die Früchte an den Mann zu bringen, vermarkteten die Bauern ihre Trauben als „Glückstrauben“ im Zwölferpack, die für die zwölf Monate im neuen Jahr stehen sollten. Heute ist es üblich, beim Essen jeder der zwölf Trauben stumm einen Wunsch zu äußern, der dann im neuen Jahr in Erfüllung gehen soll. Und wo in Spanien isst man die Trauben am besten? Entweder mit Freunden oder Familie daheim, oder auf einer öffentlichen Silvesterparty. In Madrid kommen die Menschen dazu natürlich auf der Puerta del Sol zusammen, aber so ziemlich jedes Dorf und jede Stadt organisiert eine Feier auf dem Rathausplatz, am Strand oder vor der Kirche, um gemeinsam die Trauben zu essen.

Damit wären wir auch schon bei der nächsten Silvester-Tradition in Spanien: Die sogenannte bolsa de cotillón, die zu jeder Silvesterparty dazugehört wie in Deutschland das Feuerwerk (dazu später noch mehr). Dabei handelt es sich um ein Partyset, in dem alles drin ist, um sich gemeinsam ein bisschen lächerlich zu machen: Partyhut, Partybrille, Konfetti, Tröte, Federboas... Je bunter und schriller, desto besser. Organisiert werden die Silvesterpartys oft von den Komitees der Patronatsfeiern, die damit ihre Fiesta-Kasse fürs kommende Jahr aufbessern. Ursprünglich bezeichnet „cotillón“ übrigens einen Tanz aus Frankreich. Heute steht „cotillón“ in Spanien schlicht für eine Silvesterfeier mit Musik und Tanz, auch die Partytüte wird oft einfach als „cotillón“ bezeichnet.

Rote Unterwäsche und stille Nacht: So feiert man in Spanien Silvester

Außerdem extrem wichtig in Spanien ist an Silvester die Unterwäsche. Form und Material sind egal, auf die Farbe kommt‘s an: Die Unterwäsche muss unbedingt rot sein. Diese Tradition geht wahrscheinlich darauf zurück, dass die Farbe Rot für Glück, Leidenschaft und Erfolg steht – drei der Dinge, die sich vermutlich viele vom neuen Jahr erhoffen. Wer keine rote Unterwäsche tragen möchte, kann sich mit einer roten Schleife ums Handgelenk behelfen.

Wer nun als Ausländer Silvester in Spanien feiert und die Traditionen mit Glückstrauben, cotillón und roter Unterwäsche befolgt, könnte nur noch durch eins sofort als „guiri“, wie die Spanier liebevoll ausländische Touristen nennen, auffallen: Ein Feuerwerk. Denn auch wenn man in Spanien das ganze Jahr über jede Jungfrau, jeden Heiligen, jeden Jahrestag, jedes Patronatsfest und was einem sonst noch alles einfällt, mit Böllern und Raketen lautstark feiert, bleibt es in der Silvesternacht weitgehend ruhig. Private Feuerwerke finden nicht statt, die Nachbarn treffen sich nicht zum Böllern auf der Straße, höchstens die ein oder andere Rakete wird bei den öffentlichen Partys in die Luft geschossen. Manch einem Nordeuropäer mag diese Tradition an Silvester fehlen, doch vor allem Hunde danken es den Spaniern!

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