Berühmt war der Bär Cachou, der wie kein anderes Männchen zur Erholung der Bestände beigetragen hat. Sein Tod am 17. April 2020 im Vall d’Aran in den katalanische Pyrenäen ging Wochen durch die Presse und beschäftigte die Gerichte in Spanien monatelang. Wie sich herausstellte, wurde Cachou mit Frostschutzmittel vergiftet. Die Ermittlungen führten zu einer Überraschung. Fünf der zwölf Verdächtigen kamen im März 2021 ins Gefängnis. Die Polizei war beim Abhören der Verdächtigen auf Gespräche über Kokainhandel im Vall d’Aran gestoßen und konnte in einem parallelen Verfahren einen Drogenring ausheben. Fünf Mitglieder der Bande stammten übrigens aus Castellón de la Plana in der Region Valencia.
Die Bären in Spanien vermehren sich und weiten ihre Reviere aus, eben auch in die Nähe von Ortschaften. Ihre Lebensräume fallen Waldbränden zum Opfer oder werden durch Infrastrukturen wie Straßen oder Bahngleise zerstückelt. Manche Bären verlieren die Scheu und finden auf Müllkippen gefundenes Fressen. In Ibias, das zum Reservat Muniellos in Asturien gehört, wurde einer Bärin ein Sender verpasst, um zu sehen, wo sie sich aufhält, da sie sich immer wieder den Mülltonnen des Ortes näherte.
2021 wurde eine Frau in Spanien auf offener Straße in Cangas de Narcea – ebenfalls Muniellos – von einem Tier sogar angegriffen. „Ein absoluter Einzelfall“, so Palomero. „Aber wir haben Protokolle entwickelt, um vorzubeugen, dass sich die Bären zu wohlfühlen in besiedelten Gegenden. Sie werden mit Böllern und Gummigeschossen vertrieben. Notfalls eingefangen. Dann bekommen sie ein Halsband mit einem Sender und können geortet und eventuell auch umgesetzt werden.“ Wer ein Tier in der Nähe von Ortschaften sichtet, solle sofort den Notruf 112 verständigen, der setzt das Protokoll in Gang. Im Herbst 2022 sorgte ein Bär für Aufsehen, der in Spanien mitten durch eine Kleinstadt spazierte.
Für Begegnungen mit Bären gibt es verschiedene Regeln. Man soll die Ruhe bewahren und nicht schreien oder herumfuchteln, auf keinen Fall wegrennen, Bären schaffen 50 Stundenkilometer. In den Bergen soll man auf den autorisierten Wegen bleiben, nicht ins Dickicht und nicht an tote Tiere herantreten, die den Bären und anderen Raubtieren als Futterquelle dienen. Hunde müssen an der Leine laufen.
Sorge machen den Wissenschaftlern auch die Auswirkungen des beschleunigten Klimawandels in Spanien auf die Bären-Populationen. Alle Studien stimmen überein, dass die Bären sich anpassen, aber die Nahrungsquellen sich ändern werden. Möglicherweise verzichten sie ganz auf die Winterruhe und sind das ganze Jahr über aktiv. In manchen Studien reduzieren sich die Braunbären-Bestände im Gebirge bis 2050 auf ein Viertel, denn weniger Nahrung bedeutet weniger Nachwuchs.
Die Stiftung FOP hat deshalb das Programm „Life – Bären mit Zukunft“ mit EU-Finanzierung und Unterstützung des Obersten Rats für Wissenschaftliche Forschung (CSIC) in Spanien gegründet. Seit 2020 werden fünf Jahre lang Kastanien gepflanzt. Die Bären lieben ihre Früchte. Aber durch den Klimawandel werden die Wälder der Berge ausgedünnt. Um zu verhindern, dass sich die Raubtiere den Kastanien in den Tälern und Ortschaften annähern, will das Programm für genügend Futterquellen im Gebirge sorgen.
Wenn die Bären zu wenig Früchte und Beeren finden, könnten sie beginnen, mehr Fleisch und Aas zu fressen. Das würde die Konflikte mit der Bevölkerung in Spanien verstärken. Wenn es ohnehin weniger Osos Pardos gibt und diese sich besiedelten Gegenden nähern und Weidetiere reißen, ist klar, wer den Kürzeren zieht. Und dann sind die Bemühungen um die Raubtiere wieder für die Katz.