Weiterer Programmpunkt der Fiesta, der von Ort zu Ort in seiner Ausführung und Länge variiert, ist eine Art Theaterstück, oft „Embajada-Parlamento“ genannt. An der Burg – falls vorhanden einer echten, ansonsten einer nachgebauten – , treten die Botschafter („Embajadores“) der Moros und Cristianos in eine Verhandlung („Parlamento“), danach kommt es zur Schlacht. Während dafür in einigen Gemeinden in Spanien eifrig Pulver in die Luft geschossen und „Arcabuces“, also Schusswaffen aus dem 17. Jahrhundert, eingesetzt werden, entscheidet man sich in anderen für eine tänzerische Darstellung. Das Ergebnis: Die Christen siegen und erobern die Burg zurück.
Besonders spektakulär werden die Auseinandersetzungen zwischen Moros und Cristianos bei den Fiestas in einigen Küstenorten nachgespielt, in denen die Mauren, oft frühmorgens, beim „Desembarco“ übers Meer landen und am Strand ihre Schlachten mit den Christen austragen. Am bekanntesten ist an der Costa Blanca wohl die in Villajoyosa, aber auch in El Campello (2022: 11. bis 15. Oktober), Moraira (schon vorbei) und Santa Pola (Sommer 2022: 31. August bis 8. September) spielt sich das Geschehen am Meer ab.
Doch die Moros y Cristianos sind weit mehr als die nach außen getragene Show. „Wir feiern praktisch von Donnerstagmorgen bis Sonntagabend durch“, sagt Laura Serna. An den Tagen oder Stunden zwischen Gala-Umzügen und Präsentationen werden die Cábilas anderer Filaes besucht, es gibt kleine Konzerte, informelle Umzüge, große und kleine Partys. Der abschließende Umzug, der Höhepunkt der Fiesta, kann an einem oder zwei Tagen stattfinden, mit Moros und Cristianos getrennt oder gemeinsam. An diesem Tag können die Teilnehmer endlich in ihre prächtigen Kostüme steigen, die in Spanien entweder aus Städten wie Villena, Ontinyent oder Alcoy ausgeliehen oder Eigentum der Festleute sind.
Besonders groß raus kommt dabei die Filà, die in dem entsprechenden Jahr die Capitanía innehat. Je nach örtlichen Gepflogenheiten gibt es pro Jahr eine Capitanía der Moros und eine der Cristianos oder aber, oft aus finanziellen Gründen, insgesamt nur eine. Denn Capitanía zu sein, ist nicht nur eine Ehre, es ist auch teuer. Beim Gala-Umzug der Fiesta zum Beispiel geht der Kapitäns-Filà in einigen Jahren ein von ihr bezahlter „Boato“ voraus – ein großes Spektakel aus Akrobaten, Tanz und Tieren. Es folgen, wie bei den anderen Filaes auch, die „Escuadras“, also die einzeln marschierenden Gruppen einer Filà. Kunstvoll geführt werden sie jeweils vom „Cabo“, dem Kopf der Escuadra.
Bei der Capitanía zeigt sich zudem ein prächtig geschmückter Wagen dem Publikum, auf dem der Capitán, also der diesjährige Anführer, thront. Ebenfalls eine herausragende Bedeutung hat der „Abanderado“, der Fahnenträger der Filà.
Ob für die Fiesta der Moros y Cristianos viel geprobt werden muss, damit bei dem Umzug alle gleichmäßig und festlich im Rhythmus schreiten? Tatsächlich sei es manchmal gar nicht so einfach, eng aneinandergeschmiegt zu marschieren, sagt Laura Serna. „Besonders bei den Kurven muss man aufpassen, dass alle sich parallel drehen.“ Aber mit dem Proben nehme man es nicht ganz so ernst. „Wir hören ja die ganzen Tage zuvor Moros-Musik in der Cábila, wir üben also praktisch ständig“, sagt sie lachend.
Apropos Musik: Um die ganzen Fiesta-Tage über bis hin zum Umzug musikalisch begleitet zu werden, engagiert jede Filà ihre eigene Kapelle, die tagelang die typische Moro- beziehungsweise Cristiano-Musik trommelt und bläst. Spätestens wenn diese Musik erschallt, weiß jeder im Ort: Eine der traditionellsten Fiestas Spaniens hat begonnen und wird die Stadt für einige Tage in einen Ausnahmezustand versetzen.