Die Regenbogenpresse verfällt regelmäßig in theatralische Verzückung über das Stilbewusstsein der früheren Kollegin, die betont "billige" und bevorzugt spanische Marken trägt, dies aber mit Verve und Grazie, ein Vorbild für das arme Volk. Die Gazetten, die keine exklusiven Fotos ergattern konnten, kontern mit Mutmaßungen über die vielleicht zu muskulösen Arme der Königin und interpretieren in jeden Blick zwischen Sofía und Letizia einen königlichen Catfight.
Auch die Prinzessinen, die Infantin Sofía und die Thronfolgerin Leonor, 15 und 16 Jahre jung sind mit dabei auf Mallorca, stehen aber medial noch unter einem Rest Welpenschutz. Fotos gibt es nur offiziell oder zumindest abgesegnet! Medien, die sich nicht daran halten, bekommen keine Home-Storys mehr, fallen in königliche Ungnade. Eine Klatschzeitung ohne permanente Materialzulieferung aber kann dicht machen.
Das Schlösschen, in dem König Felipe von Spanien mit seiner Familie traditionell die Sommerferien verbringen soll, ist der Palacio de Marivent mitten in Palma, im Viertel Cala Mayor. Es ist gar kein königliches Schloss, sondern eine etwas wuchtig geratene Villa, erbaut vor gerade erst 100 Jahren von dem ägyptisch-griechischen Kunstmäzen und Maler Iannis de Saridakis, der ihr auch diesen Namen gab "Marivent", Meer und Wind.
Dessen Witwe überließ das Anwesen 1966 der Inselverwaltung der Balearen unter der Bedingung, dass die Werke ihres Mannes dort ausgestellt und der Ort öffentlich bleiben müssten. Doch die dienstfertige Inselregierung schenkte Marivent 1973 dem Prinzenpaar Juan Carlos und Sofía als Sommersitz, Zutritt nur für Bourbonen also. Die getäuschte Witwe, Anunciación Marconi Taffani, verklagte daraufhin die Verwaltung auf Herausgabe der Kunstwerke, die Inselregierung richtete ihr sinngemäß aus, sie könne ihren wertlosen Krempel jederzeit abholen.
Anders sieht es mit dem offiziellen Amtssitz aus, der Almudaina, einem waschechten Palacio oder Alcázar Real, einem Burgschloss, das nach der Eroberung Mallorcas von den Mauren 1309 durch den Argaonesischen Jaime II. (aus Perpignon, also wie die Bourbonen Franzose) komplett umgebaut wurde. Carlos I. ließ es im 16. Jahrhundert nochmals aufstocken, er war dann auch für 300 Jahre der letzte König, der hier abstieg. Erst 1860 quartierte sich Königin Isabel II. mit ihren wegen Inzest schwächelnden Kindern hier ein, aber auch nur, weil es in ihrem bevorzugten Kurort San Sebastián manchmal zu frisch wurde. Königsprobleme eben.
Auch in Almudaina gibt es einen privaten Flügel allein für die Königsfamilie. Doch weder hier, noch in der Residenz Marivent betten Königs tatsächlich ihre Häupter, sondern in einer Villa, die offiziell dem Militär gehört: Son Vent heißt das Anwesen, eine prächtige Villa direkt am Meer auf einem steilen Felsen, das die größtmögliche Diskretion bietet.
In der Diskretion seiner All-Inclusive-Behausung empfing Felipe seine Schwester Cristina. Ein gesondertes Programm zieht Mama Doña Sofía durch, die als Dauerstrohwitwe auch mit urlaubt, ihre Schwester, Irene von Griechenland ist auch mit von der Partie. Jetzt sind es auf den Tage genau zwei Jahre, seit Ex-König Juan Carlos I., ins Exil ging, sich aus Spanien und so auch von seiner Gattin absetzte, um bei seinen Frenden und Sponsoren, den Scheichs, in der Wüstenstadt Abu Dhabi auf Nummer Sicher vor der spanischen Justiz zu gehen. Die hat zwar alle Verfahren gegen ihn eingestellt, doch bis auf eine kurze Stippvisite in seinem Club náutico in Galicien, macht der alte Schwerenöter keine Anstalten, sich wieder fest in Spanien zu installieren. Obwohl, wie uns die Klatschpresse zuträgt, sein Heimweh täglich schlimmer wird.
Felipe, der Bourbone bekommt immer mal wieder Anwandlungen von Volksnähe. Ein bisschen aufgesetzt wirken sie, erinnern wir uns nur an die Linsensuppe im Madrider Schloss. Er übertreibt es nicht mit der Anbiederung, er will gleichzeitig ja auch die "Würde" seines Amtes und ein bisschen Glanz für das gemeine Volk abstrahlen, wozu bräuchte man ihn sonst? Er ist schlielich ökonomisch und politisch privilegiert, juristisch unantastbar, mehr Institution als Person. Und strahlt - bei aller vorgetäuschten Bescheidenheit - dabei ein weitgehend unbegründetes dynastisches Selbstbewußtsein aus. Denn die Bourbonen sind das am häufigsten abgesetzte Herrscherhaus Europas. Vier Mal in gerade 300 Jahren Amtszeit wurden sie vom Thron vertrieben - und eigentlich immer zurecht - und derzeit sind sie im Grunde auch nur geduldet.
Das Volk will also bespielt werden: Händeschütteln auf einem Handwerkermarkt und im Fischgeschäft hilft vielleicht beim Sammeln von Sympathiepunkten, von der absoluten ging es in die Medienmonarchie. „Endlich, nach acht Tagen auf Mallorca voller Verpflichtungen und Terminen, erlaubt sich die Königliche Familie mal einen unterhaltenden Abend“, seufzt eines dieser Friseurblätter, um uns zu berichten, dass man die Familie, also Felipe und Letizia, die Töchter sowie Sofía und Irene am Freitagabend, „auf einer ganz normalen Straße“ und „zu Fuß“ angetroffen habe, als sie „eines ihrer Lieblingslokale, das Ola del Mar“ in Portixol zum gemeinsamen Abendessen aufsuchten. Fisch und Meeresfrüchte waren angesagt, Carpaccio von der Roten Garnele für 16, Seezunge 25 Euro, ganz normale Preise in der Lage. Königliche Linsensuppe dann wieder Weihnachten in Madrid. Ganz Spanien sitzt mit am Tisch, will uns die Zeitung weißmachen. Aber das stimmt nicht. Ganz Spanien zahlt nur die Rechnung für den All-Inclusive-Urlaub ihrer „First Family“. Als öffentliche Institution müsste es bei den Realos ab Dienstag, wenn der spanische Energiesparplan in Kraft tritt, heißen: „22 Uhr: Licht aus!“
Zum Thema: Spaniens (Ex)-König Juan Carlos - Der Ziehsohn des Diktators.