Innehalten und nachdenken, das hat auch Cristina Rodríguez aus Teulada an der Costa Blanca getan und 2022 den schweren Entschluss gefasst, ihren Qualitätswein „M de Alejandría“ nicht zu produzieren. Wegen des anhaltenden Regens im Frühjahr und der anhaltenden Hitze im Sommer hatten ihre Trauben nicht die gewohnte Qualität. Um ihre Landwirtschaft dem Klimawandel anzupassen, wird sie ganz praktisch damit beginnen, das Stutzen der grünen Reben in Grenzen zu halten, um die Trauben mit mehr Vegetation besser vor der in Spanien immer aggressiver werdenden Sonne zu schützen. Notgedrungen wird sie künftig zusätzlich bewässern müssen, obwohl ihre Trauben eigentlich im Trockenanbau wachsen. „Der Trockenanbau hat in der Provinz Alicante keine Zukunft“, ist sich José Vicente Andreu sicher. „Das Wetter mit seinen langen Dürreperioden merzt die Pflanzen aus, wenn gar kein Regen von oben kommt. Und dann wieder kommt zu viel auf einmal.“
Ernteeinbußen von über 50 Prozent mussten die Reisbauern im Marjal von Pego im vergangenen Jahr bei der Sorte Bomba hinnehmen. Zu sehr setzte der Pilz Pyricularia den Pflanzen zu. Einer der Gründe ist auch hier das Klima: Wegen des Regens im Frühjahr musste die Saat um einen Monat nach hinten verschoben werden – und damit auch die Ernte. Die ausgewachsenen Pflanzen mussten im September feuchteres Wetter aushalten, als sie es von der normalen Erntezeit Ende August gewohnt sind. Beste Bedingungen für den Pilz, der früher in der Reis-Landwirtschaft mit chemischen Produkten bekämpft wurde, die heute in der EU nicht mehr erlaubt sind. „Wir müssen auf von Natur aus resistentere Sorten setzen“, sagt der Reisbauer Vicent Dominguis und nennt die vor einigen Jahren wieder zum Leben erweckte heimische Reissorte Bombón als Beispiel, die weit weniger unter der Pyricularia-Krise gelitten habe.
Und auch bei den Mandeln sah es 2022 angesichts zu milder Temperaturen im Herbst, Frost und Regen im Frühjahr und Saharastaub bei voller Blüte nicht gut aus. Von 51 Prozent Ernteeinbußen in der Provinz Almería ist die Rede. In Alicante hat das Wetter den wenigen Bäumen, die noch trotz der seit Jahren wütenden Xylella-Krise stehen, den Garaus gemacht. „Es geht alles so schnell, man weiß nicht mehr, wie man in der Landwirtschaft in Spanien auf den Klimawandel reagieren soll“, sagt Mandelbauer Faustino Mestre aus Alcalalí.
Es war ein schlechtes Jahr 2022. „Gegen den Klimawandel vorzugehen, hilft uns nicht nur, unsere Landwirtschaft und Ökonomie zu schützen, sondern verhindert auch, dass ein ewiger Sommer unsere Gastronomie, Traditionen, Kultur und Identität austrocknet“, weist die Studie der Coag mahnend und zugleich bittend darauf hin, dass an der Landwirtschaft in Spanien sehr viel mehr hängt als nur das wirtschaftliche Überleben der Bauern. Der Countdown läuft.