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Zwischen Trauer und Freude: Das sind die spektakulärsten Osterprozessionen in Spanien

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Von: Judith Finsterbusch

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Hunderte Menschen beobachten eine Oster-Prozession in Spanien.
Spektakulär sind in Spanien die fröhlichen Prozessionen am Ostersonntag, wenn die Auferstehung Christi gefeiert wird. © David Revenga

Hunderte Osterprozessionen ziehen dieser Tage in Spanien durch Dörfer, Städte und Metropolen, Besucher haben die Qual der Wahl, welche Märsche sie sich anschauen sollen. Wir geben einen Überblick über besonders spektakuläre Prozessionen.

Sevilla - Man kann sie mögen oder nicht, man mag an die biblische Ostergeschichte glauben oder nicht: Spektakulär und sehenswert sind die Osterprozessionen in Spanien allemal. Als Semana Santa, Heilige Woche, bezeichnen die Spanier die Karwoche, und der Höhepunkt dieser Zeit sind die Prozessionen, die in Spanien eine lange Geschichte haben. Düster bis gruselig geht es dabei an Karfreitag bei den Begräbnis-Prozessionen zu, fröhlich und bunt wird hingegen die Auferstehung Jesu Christi am Ostersonntag gefeiert.

Die Zeit zwischen Palmsonntag, der in Elche an der Costa Blanca besonders spektakulär gefeiert wird, und Ostersamstag, nennt sich in Spanien estación de penitencia, Bußzeit. Ab Ostersonntag dann gehen die Gläubigen zur gloria über, Freude. Regional gibt es etliche Unterschiede bei den Prozessionen, und für Außenstehende ist es nicht leicht, die vielen Rituale zu begreifen - angefangen bei den Gewändern mit den Schlitzen für die Augen und der teils spitz zulaufenden Kopfbedeckung. Eines haben aber alle Osterprozessionen gemeinsam: Die Teilnehmer schultern sogenannte pasos oder tronos, auf denen religiöse Figuren zu sehen sind, die etwas mit dem Leiden, Tod oder der Auferstehung Christi zu tun haben. Getragen werden diese oftmals tonnenschweren „Throne“ von den Mitgliedern der cofradías, Bruderschaften. Heute sind einige Osterprozessionen wegen einzigartiger Bräuche oder besonderer tronos als Fest von internationalem touristischen Interesse ausgezeichnet. Dazu zählen unter anderem die Märsche in Sevilla, Granada, Málaga und Jerez de la Frontera in Andalusien, Cartagena, Murcia und Lorca in der Region Murcia oder Orihuela und Crevillente in der Region Valencia. Im Folgenden ein Überblick über besonders sehenswerte Osterprozessionen in den drei Regionen.

Spektakuläre Osterprozessionen in Spanien: Abendmahl in Alicante, Kreuzweg in Cartagena

Wer die Osterferien 2023 an der Costa Blanca verbringt, kann eine der spektakulärsten Osterprozessionen Spaniens in Alicante bestaunen, nämlich die Santa Cena, das letzte Abendmahl. Am Gründonnerstag, 6. April 2023, schultern über 200 Männer und Frauen den 3,5 Tonnen schweren Thron mit den lebensgroßen Figuren von Jesus und seinen zwölf Jüngern. Beginn ist um 19 Uhr in der Kirche María Auxiliadora. Ein weiterer Tipp für den Gründonnerstag an der Costa Blanca: Das Passionsspiel in La Nucía ist ebenfalls sehenswert! Doch zurück nach Alicante: Bereits am Mittwoch, 5. April, quält sich die Bruderschaft Santa Cruz ab 19 Uhr durch die engen Gassen der Altstadt. Gut zu sehen ist diese Prozession an der Plaza del Carmen, rechtzeitiges Kommen lohnt sich - es wird sicherlich voll. Spektakulär ist in Alicante auch die Aleluya-Prozession am Ostersonnta, 9. April. Um 12 Uhr treffen die Figuren der Jungfrau Maria und des Erlösers vor dem Rathaus zusammen. Begleitet wird dies von abertausenden bunten Heiligenbildchen, die von den umliegenden Balkonen flattern.

Etwas weiter südlich, in Cartagena an der Costa Cálida, wurde die Semana Santa schon 2005 zur Fiesta von internationalem touristischen Interesse erklärt. Die Feierlichkeiten zur Osterwoche gehen in der Stadt auf das 17. Jahrhundert (1663) zurück. Epizentrum ist die Kirche Santa María de Gracia in der Calle Aire in der Altstadt. Von dort aus starten alle Prozessionen. Das Besondere an dem Tempel aus dem 18. Jahrhundert: Seine Fassade wurde nie zu Ende gebaut. Während der ersten Tage des Spanischen Bürgerkriegs (1936-39) wurde das Innere des Gebäudes vollständig zerstört. An den Umzügen nehmen vier Laienbruderschaften teil, die elf große Throne stemmen. Der Kreuzweg Via Crucis del Cristo del Socorro ab 2 Uhr in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag gilt als Spaniens erste Osterprozession überhaupt. Ein weiterer spektakulärer Umzug ist die Begräbnisprozession am Karfreitag, 7. April 2023, ab 20 Uhr: Sie ist die längste Oster-Prozession in Cartagena.

Spektakuläre Osterprozessionen in Spanien: Nächtlicher Marsch in Granada, eindrucksvolles Fest in Jerez

Die spektakulärsten Osterprozessionen in Spanien siedeln sicherlich viele in Andalusien an. In Granada etwa beteiligen sich 32 Bruderschaften an den Ostermärschen. Prozessionen, Heiligenfiguren, religiöse Skulpturen und Bruderschaften füllen so einmalige Teile der Stadt wie das Viertel Albaicín, die Alhambra oder die Hügel des Sacromonte. Am Mittwoch, 5. April, findet nachts die Prozession Cristo de los Gitanos statt. Dieser Umzug ist dank der in den Höhlen und Häusern des Sacromonte entzündeten Feuer besonders spektakulär und emotionsgeladen. Beginn ist bereits um 16.45 Uhr in der Calle Ganivet, Ende erst gegen 3 Uhr am nächsten Morgen. Am Karfreitag, 7. April, zieht bei Anbruch der Nacht die älteste Bruderschaft – die Soledad de San Jerónimo – in einer prachtvollen Prozession, bei der Darsteller historische Figuren aus der Bibel repräsentieren, durch die Stadt. Beginn ist um 18.30 Uhr am Kloster San Jerónimo, die Prozession dauert bis etwa Mitternacht. Ebenfalls sehenswert ist in Granada am Ostersonntag, 9. April, die Prozession der Facundillos, bei der Kinder unaufhörlich Lampen aus Ton, die sogenannten facundillos, schwenken. Beginn ist um 10.30 Uhr an der Kirche Santo Domingo.

Ein weiterer Tipp für sehenswerte Osterprozessionen ist Jerez de la Frontera. 1993 wurde die Karwoche dort zum „Fest von nationalem touristischen Interesse“ in Spanien erklärt. Während der Feierlichkeiten ziehen die Bruderschaften durch die Altstadt von Jerez de la Frontera und stellen eindrucksvoll ihr Geschick und ihre Gefühle zur Schau. Insgesamt nehmen 44 Bruderschaften an der Karwoche in Jerez teil. Die ältesten Bruderschaften gehen auf das 15. Jahrhundert zurück, während die jüngste ihre Prozessionen erst seit 1973 veranstaltet. Besonders spektakulär sind die Prozessionen vom Karfreitag, 7. April: Santísimo Cristo de la Exaltación, Virgen de la Soledad und Santo Entierro. Die Prozessionen beginnen am späten Nachmittag und ziehen sich bis ins Morgengrauen hin.

Spanien: Einzigartige Osterprozessionen in Lorca - Hollywood-Star Antonio Banderas in Málaga

Die Osterprozessionen von Lorca sind einzigartig in der Region Murcia. Hunderte von Protagonisten in kostbaren Kostümen, mit Pferden und Gespannen spielen Episoden aus der Bibel nach. Sie verkörpern dabei historische Persönlichkeiten wie Nero, Cäsar oder Kleopatra und jagen mit Pferdegespannen durch Lorcas Straßen. Im Mittelpunkt stehen die beiden Bruderschaften. Die Rivalität zwischen dem weißen Paso Blanco und dem blauen Paso Azul entzweit die jeweiligen Anhänger in der Osterwoche. Manche vergleichen den Konkurrenzkampf mit dem der Fans der Fußballclubs Real Madrid und FC Barcelona - ein ewiges Streitthema in Spanien. Begonnen haben die Osterprozessionen von Lorca im Jahr 1855. Damals waren sie jedoch noch wesentlich unspektakulärer. 2007 wurden die Prozessionsspiele zur Fiesta von internationalem touristischen Interesse erklärt. Am Karfreitag, 7. April, startet gegen 19.30 Uhr die wichtigste und schönste biblisch-historische Prozession von Lorca. Mit dabei sind fast alle Bruderschaften. Der Umzug führt von der Rosario-Kapelle zur Avenida Juan Carlos I. Dort beginnen die sehenswerten biblischen Spiele.

Dutzende Menschen schultern gemeinsam einen Oster-Thron.
Bei den Osterprozessionen in Spanien werden die schweren Throne mit den Heiligen-Figuren auf etliche Schultern verteilt. © David Revenga

Die Semana Santa von Málaga ist als „Fest von internationalem touristischen Interesse“ eingestuft. Tausende Besucher aus allen Teilen Spaniens und dem Ausland kommen in die Stadt gereist, um sich die Prozessionen anzuschauen, von denen es ganze 42 gibt. Sehenswert sind unter anderem die beiden Prozessionen der Cofradía de Fusionadas am Mittwoch, 5. April, denn unter den Thronträgern kann nach dem Hollywoodstar Antonio Banderas Ausschau gehalten werden, der jedes Mal mit von der Partie ist. Beginn ist um 17.45 Uhr am Pasillo Santa Isabel. Oder die Prozession der Cofradía El Rico am Mittwoch, 5. April, bei der um 16.30 Uhr auf der Plaza del Obispo ein Strafgefangener begnadigt wird. Auch spektakulär: Die Prozession der Fremdenlegionäre am Gründonnerstag, 6. April, um 12 Uhr ab der Kirche Santo Domingo.

Osterprozessionen in Spanien: Berühmte Throne in Murcia, Grabesstille in Orihuela

Die Osterprozessionen von Murcia sind in Spanien wegen der Throne des berühmten Bildhauers Francisco Salzillo bekannt. Die Heiligenfiguren im Barockstil stammen aus dem 18. Jahrhundert. Bei den Prozessionen am Karfreitag, 7. April, werden die Kunstwerke von rund 4.000 Büßern durch die Straßen von Murcia getragen. Der längste Umzug setzt sich um 8 Uhr an der Iglesia de Jesús in Bewegung und dauert fünf Stunden. Insgesamt nehmen die Mitglieder von 15 Bruderschaften teil, die 94 Throne auf ihren Schultern tragen, manche gehen barfuß durch die Straßen. Die Semana Santa von Murcia wurde 2011 zur Fiesta von internationalem touristischen Interesse erklärt. Für die Zuschauer gibt es allerlei Geschenke wie Bonbons, frische Bohnen, Gebäckstücke, hartgekochte Eier oder Anstecknadeln und Glasperlen.

Die Bischofsstadt Orihuela im Süden der Costa Blanca ist immer einen Besuch wert, besonders aber zur Osterzeit. Am Gründonnerstag, 6. April, herrscht hier ab dem späten Abend Grabesstille, wenn nur Kerzen und Fackeln für Beleuchtung sorgen. Um 23 Uhr beginnt die Prozession in der Kirche Santiago Apóstol. Sie gilt als eine der stimmungsvollsten Schweigeprozessionen Spaniens. Während der Begräbnisprozession am Ostersamstag, 8. April, die um 19 Uhr an der Kirche Santas Justa y Rufina beginnt, wird der weltweit einzigartige, aber auch umstrittenste Thron präsentiert: Bildhauer Nicolás de Bussy schuf 1695 einen barbusigen Teufel in Frauengestalt. Damit wollte er den Triumph des Guten über das Böse darstellen. Im Volksmund wird er „La Diablesa“, die Teufelin, genannt. Im Gegensatz zu den anderen Thronen ist die Diablesa in keiner Kirche anzutreffen: Beim Versuch, sie in ein Gotteshaus zu bringen, soll sie – der Legende nach – furchtbar geschrien haben. Ebenfalls kurios ist die Figur des „Caballero Cubierto“, des bedeckten Ritters. Sein Name beruht auf dem alten Privileg, auch in der Kirche den Kopf bedeckt halten zu dürfen. Jedes Jahr wird einem anderen Mann aus Orihuela die Ehre zuteil, bei der Begräbnisprozession mit Zylinder den Caballero Cubierto zu mimen.

Spaniens Oster-Hauptstadt Sevilla: 120 Prozessionen

Wenn man über die andalusische Karwoche spricht, kommt man an der Hauptstadt Sevilla nicht vorbei. Denn die Osterprozessionen zählen nicht nur zu den spektakulärsten und eindrucksvollsten Andalusiens, sondern ganz Spaniens. In Sevilla wird die Karwoche mit besonderer Hingabe und Leidenschaft gefeiert. Über 60 Bruderschaften ziehen mit ihren prachtvoll geschmückten Thronen samt Heiligenfiguren bei über 120 Prozessionen durch die Straßen der Stadt, die Balkone der Häuser werden liebevoll geschmückt und die Sevillanos holen ihre schönsten Trachten aus dem Schrank. Die populärsten Prozessionen werden von den Bruderschaften La Macarena (Basílica de la Macarena) und La Esperanza de Triana (Capilla de los Marineros) organisiert, die am Morgen des Gründonnerstag, 6. April, und Karfreitag, 7. April, stattfinden.

Osterprozession in traditionellen Gewändern an einem Strand in Spanien
Sehenswert sind in Valencia die Osterprozessionen direkt am Strand. © Jorge Gil/dpa

Auch Valencia bietet spektakuläre Oster-Traditionen. Im Hafenviertel wird während der Karwoche den Traditionen zur See gehuldigt. Bei der sogenannten Semana Santa Marinera ist ein Besuch der Küstenviertel Cabanyal, Canyamelar und Grao empfehlenswert. Die wichtigsten Prozessionen sind der Schweigemarsch am Gründonnerstag, 6. April, ab 23.15 Uhr von der San-Mauro-Kirche und ab 24 Uhr ab der Kirche Santa María del Mar sowie die Karfreitags- und Ostersonntagsprozessionen am 7. beziehsungsweise 9. April.

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