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Spanien: Wenn die Strände schwinden - Dénia demonstriert gegen Küstenschutzgesetz

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Von: Andrea Beckmann

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Personen, die gegen die Untätigkeit der Regierung in Sachen Küstenschutenschutz demonstrieren.
Sie wollen ihren Strand zurück: In Dénia haben Bürger wegen der laschen Vorgehensweise im spanischen Küstenschutz demonstriert © Eigentümergemeinschaft Deveses

Vor allem an der Mittelmeerküste von Spanien sind zahlreiche Strände von Erosion betroffen. In 40 Küstenorten haben Bürger nun gegen die Untätigkeit der Küstenverwaltung protestiert - auch in Dénia.

Dénia – „Stop deslindes“, „Stop Ley de Costa“. Diesem Aufruf folgten auch in Dénia an Spaniens Costa Blanca Hunderte Demonstranten, vorneweg Bewohner der ersten Strandlinie, die gegen das Küstengesetz (Ley de Costas) und die neu festgelegten Schutzzonen (deslindes) protestierten. Der Protestmarsch startete um 20 Uhr an der Glorieta und endete am Rathaus mit einem Manifest. Gleichzeitig gingen in der Region Valencia und in der Murcia die Strandbewohner in insgesamt 40 Küstenorten wegen der Küstenschutzzonen auf die Straße. Hintergrund: An der spanischen Mittelmeerküste leiden zahlreiche Strände an Erosion.

Strände schwinden: Strandbewohner fühlen sich trotz Spaniens Küstengesetz schutzlos

Rafael Lillo, Vizepräsident der Nachbarschaftsvereinigung Les Deveses, erklärte, Dénias Küstenbewohner fühlten sich trotz der gesetzlichen Rahmen für Spaniens Strände schutzlos. Der Staat vernachlässige seine Verantwortung, die Küste wirklich zu schützen, so wie es das Küstengesetz vorsehe, bereits seit Jahrzehnten. „Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren“, so Lillo. „Wir fordern die umgehende Renaturierung unseres Strandes. Wenn dies nicht geschieht, wird davon überhaupt nichts mehr übrig bleiben.“ Außerdem werde man vor dem Hintergrund der zunehmenden Erosion der Strände in Spanien die Auslegung des Küstenschutzgesetzes anfechten.

Unabhängig von den Staudämmen, die Schuld daran seien, dass kaum noch Sedimente über die Flüsse an die Küste gespült werden, wo sie maßgeblich zur Strandbildung beitragen, die veränderten Meeresströmungen und dem Klimawandel, sei es an der öffentlichen Verwaltung, den Schutz der Küste zu garantieren. So sehe es das Küstengesetz vor. Doch die Regierung habe absolut nichts dazu unternommen, sondern versuche nun, die Verantwortung an die Eigentümer von Immobilien in erster Strandlinie abzugeben. Man fordere nachhaltige Maßnahmen von der Küstenbehörde, erklärte Lillo weiter. Es sei doch mehr als bewiesen, dass die Sandaufschüttungen nicht dauerhaft zur Lösung des Erosionsproblems beitragen würden.

Bürger kämpfen gemeinsam für den Schutz von Spaniens Stränden

Im Land Valencia sind es mittlerweile mehr als 30 Nachbarschaftsvereinigungen, die sich der Bürgerplattform „Somos Mediterránea“ angeschlossen haben. Die hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Änderung des Küstengesetzes zu erwirken. Vor allem will man erreichen, dass Eigentümer von Strandhäusern, die durch die Neuvermessung der Schutzzonen durch die Küstenbehörde plötzlich auf öffentlichem Boden stehen und denen damit der behördliche Abriss droht, besser geschützt werden. „Das Ministerium beraubt uns unter dem Deckmäntelchen des Küstengesetzes unserer Häuser, indem es statt einer angemessenen Küstensanierung hergeht und die Schutzzonen zum Vorteil des Staates verändert“, so ein Sprecher von „Somos Mediterránea“.

Dénias Vereinigung Playas Norte ist schon lange des Wartens auf die seit Jahren vom Umweltministerium versprochene Renaturierung der erosionsgeschädigten Strände wie etwa der Playa Deveses müde. Man werde alle Hebel in Bewegung setzen, um gegen die „schreiende Ungerechtigkeit“ anzugehen, teilte das Kollektiv in einer Pressemitteilung kämpferisch mit. Das Küstenschutzgesetz bedürfe einer Überarbeitung.

Noch sind Spuren von Sturmtief Gloria an Spaniens Stränden sichtbar

Die Spuren der Verwüstung durch das Sturmtief Gloria vor Augen – auch noch mehr als zwei Jahre danach sind nicht alle Schäden behoben –, wollen sich die Küstenbewohner vor allem auf die Problematik vor Ort konzentrieren und der öffentlichen Verwaltung, die durch Untätigkeit glänze, Druck machen und gegen das Küstenschutzgesetz vorgehen. Denn mit jedem Sturmtief reißt das tobende Meer, das mit riesigen Wellen auf die Küste einschlägt, immer tiefere Wunden an den zurückgehenden Stränden auf, an manchen Küstenabschnitten wie etwa am Blay Beach reicht das Wasser bis an die Einfriedungen heran. Da, wo einst meterbreite Strände unzählige Sonnenanbeter anlockten, watet man nun knöcheltief im Wasser.

Aber nicht nur die Renaturierung der gebeutelten Strände in Dénia will die Vereinigung vorantreiben. Ganz Spanien stünde vor dem Problem schwindender Küstenabschnitte, das sich durch die Untätigkeit der Behörden von Jahr zu Jahr verschlimmere, so Playas Norte. Nur eine Gesetzesreform des „Ley de Costa“, des spanischen Küstenschutzgesetzes, könne Abhilfe schaffen, und dafür wolle man sich starkmachen.

Ausbleibende Sedimente: Todesurteil für Spaniens Strände

Playas Norte vertritt die Auffassung, dass es außer der Aufschüttung der Strände mit tausenden Kubikmetern Sand von Sandbänken vor der Küste Valencias auch natürliche Quellen zur Strandregeneration gibt, die durch Menschenhand zerstört wurden und wieder hergestellt werden müssten. Eine der Hauptursachen für den Rückgang der Strände an der Mittelmeerküste sei, dass über die Flüsse kaum noch Sedimente zum Meer gelangen können. Dies würden Expertengutachten eindeutig belegen. Sedimente bestehen aus Schotter, Kies und feineren Stoffen, die von Bergen und Böschungen in die Flüsse gelangen und von dort in Richtung Meer getragen werden.

Badegäste am Strand Les Deveses in Denia.
Die Spuren des Strumtiefs Gloria sind am Strand Les Deveses in Dénia noch deutlich. © Andrea Beckmann

Die Realität sehe aber anders aus, so die Vereinigung. Ein Sprecher erklärte: „Wenn Flüsse durch Stauseen verändert werden, bleiben die Sedimente auf ihrem Weg von der Quelle bis zur Mündung auf der Strecke. In Spanien gibt es mehr als 1.200 Stauseen und Dämme, die nicht nur Wasser stauen, sondern auch immense Mengen an Sedimenten aufhalten.“ Dies sei auf Dauer das Todesurteil der Strände. Die Erosion an den spanischen Küsten schreitet unaufhaltsam fort.

Spaniens Küstengesetz sieht neue Schutzgürtel an Spaniens Stränden vor

Ein Dorn im Auge sind den Küstenbewohnern die vom Umweltministerium festgelegten Schutzgürtel entlang des Küstenabschnitts von Dénia, die etwa 20 Meter landeinwärts verlaufen und zahlreiche Häuser, die schon zu Zeiten, in denen die Küstenordnung noch nicht gesetzlich geregelt war, plötzlich in den roten Bereich katapultieren. Diese Schutzgürtel bedürfen, so Playas Norte, einer Korrektur. Diese ist aber nur durch eine Änderung des überarbeiteten und verschärften Küstenschutzgesetzes aus dem Jahr 2013 möglich, für die sich die Vereinigung vehement einsetzt. Der Kampf zwischen David und Goliath hat begonnen.

Derweil hat die Küstenverwaltung die Vergabe eines Renaturierungsvorhabens an der Playa Deveses für 14,7 Millionen Euro angekündigt. 650.000 Kubikmeter Sand sollen von einer Sandbank nahe Cullera (Valencia) zum Strand Deveses gekarrt werden. Doch ist der Strand damit auf Dauer zu retten?

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