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Vom Hamster bis zum Pferd: Warum in Spanien Mitte Januar Tiere zur Kirche gehen

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Von: Judith Finsterbusch

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Ein Priester segnet einen Hund.
Hunde, Katzen und alle möglichen anderen Tiere werden in Spanien zu den Antonius-Tiersegnungen gebracht. © Manu Fernandez/dpa

Einmal im Jahr, um den 17. Januar, gehen in Spanien auch Vierbeiner zur Kirche. Dann hat der Schutzpatron der Tiere, Antonius der Große, Namenstag und überall finden Tiersegnungen statt.

Alicante - San Antonio Abad, Antonius der Große, ist der Schutzpatron der Tiere, das wissen zumindest alle Herrchen und Frauchen, die in Spanien leben. Gefeiert wird San Antonio am 17. Januar, und in den meisten Kirchengemeinden ist es üblich, am Wochenende davor oder danach Tiersegnungen abzuhalten. Dann können vom Hamster bis zum Pferd so ziemlich alle Tiere zur Kirche gebracht werden - das sorgt mitunter für kuriose Szenen auf den Straßen.

Spanien: Warum im Januar auch Tiere zur Kirche gehen

San Antonio Abad wird nicht nur in Spanien als Schutzpatron der Tiere verehrt, weil in einigen Legenden über Antonius den Großen (angeblich 251 bis 356) sein enges Verhältnis zu Tieren beschrieben wird. Eine Geschichte erzählt etwa von einer blinden Wildschwein-Familie, die Antonius aufsuchte, der sie wiederum von ihrer Augenkrankheit heilte. Als Dank wich die Sau dem Einsiedler nicht mehr von der Seite und verteidigte ihn gegen jede mögliche Bedrohung. Antonius führte ein Einsiedler-Leben, er zog sich in die Wüste zurück, nachdem er all seinen Besitz zurückgelassen hatte - er gilt auch als Gründer des christlichen Mönchstums.

Wie auch immer, Antonius der Große war offenbar ein Tierfreund, ist Schutzpatron der Bauern und ihrer Nutztiere, in Spanien drückt man zu seinem Namenstag am 17. Januar ein Auge zu und lässt auch Haustiere an der Segnung teilnehmen. Vor allem in Gemeinden mit ländlicher Tradition ist die Tiersegnung zu Ehren von San Antonio Abad oft von Umzügen begleitet, etwa mit festlich geschmückten Pferden und Kutschen.

Kuriose Szenen in Spanien: Tiere stehen vor der Kirche Schlange

In einer langen Schlange stehen dann etliche Familien vor der jeweiligen Kirche oder Kapelle in Spanien Schlange, um Hamster, Schildkröte, Wellensittich, Hund oder Katze segnen zu lassen. Nach der Messe versprengt der Pfarrer dazu Weihrauch über den Tieren, meist gibt es noch ein gesegnetes Stück Brot dazu, das wahlweise Herrchen, Frauchen oder auch das Tier verspeist. Bis in die Kirche hinein dürfen die Tiere allerdings nicht, die Segnung findet davor statt. Bis vor wenigen Jahren gehörte vielerorts auch eine Verlosung dazu, Hauptpreis war ein lebendiges Schwein. Wegen des mittlerweile verschärften Tierschutzgesetzes gibt es heute eher Schinken zu gewinnen.

In einigen Orten etwa an der Costa Blanca gibt es neben der Tiersegnung noch weitere Bräuche zu San Antonio Abad. Benissa etwa veranstaltet kurz nach dem Namenstag des Heiligen immer seine Fira i Porrat, die uralt ist und einst als Handels- und Landwirtschaftsmesse einer der wichtigsten Termine für den ganzen Kreis Marina Alta war. Heute wird mit Kirmes und Mittelaltermarkt gefeiert - dabei hält das Dorf aber auch traditionelle Elemente wie eine Viehmesse aufrecht. Der Mittelaltermarkt findet dieses Jahr vom 27. bis 29. Januar statt, das genaue Programm für die ganze Fiesta ist noch nicht veröffentlicht.

Tiersegnungen und Antoniusfeuer: So feiert Spanien San Antonio Abad

Eine weitere Tradition neben den Tiersegnungen zu San Antonio Abad sind in Spanien rund um den 17. Januar die Antoniusfeuer, bei denen eine Kiefer beziehungsweise ein Kiefernstamm verbrannt wird. Als Antoniusfeuer wurde im Mittelalter eine damals rätselhafte Epidemie bezeichnet, die erstmals 857 bei Xanten belegt ist. Heute weiß man, dass es sich um Ergotismus, Mutterkornvergiftung, handelte. Die Erkrankten riefen damals Antonius den Großen an und setzten bei der Heilung auf die Reliquien des Heiligen. Daraus gründete sich auch der Antoniter-Orden, die Mönche verschrieben sich vor allem der Krankenpflege. Und auch hier gibt es wieder einen Dreh zu Tieren: Die Mönche durften ihre Schweine frei im Dorf herumlaufen lassen und überließen den Bewohnern das Füttern. Das Fleisch ging dann meist an Krankenhäuser.

Eine Frau hält einem Priester eine Ratte entgegen.
Zu den Tiersegnungen in Spanien werden alle Arten von Tieren gebracht - hier in Madrid. © Manu Fernandez/dpa

An der Costa Blanca pflegen zum Beispiel Gemeinden wie Elche, Jávea, Moraira oder Pego den Brauch der Antoniusfeuer. Dabei schleppt die Dorfjugend eine Kiefer oder deren Stamm durch den Ort, stellt ihn an einer zentralen Stelle auf und drapiert so lange Äste und Zweige um ihn herum, bis ein kegelförmiges grünes Gebilde entsteht. Dieses wird dann verbrannt, in Moraira beispielsweise am Samstag, 14. Januar, ab 20 Uhr. Vor der eigentlichen Verbrennung zieht in dem Küstenort noch ein großer „Dämon“ durch die Straßen: Antonius dem Großen erschienen während seines Asketen-Daseins immer wieder Dämonen und Teufel, um ihn zur Sünde zu verführen - erfolglos, versteht sich.

Größtes Lagerfeuer der Welt: Antoniusfeuer im Süden von Valencia

Das Feuer soll nicht nur Opfergabe für San Antonio Abad sein, sondern auch eine reinigende Wirkung haben, die allmählich wieder länger werdenden Tage feiern und das Schlechte aus dem Vorjahr verbrennen. Außerdem dürfen ähnlich wie schon zu Silvester Wünsche für das anbrechende Jahr geäußert werden. Besonders doll treiben es dabei die Menschen in Canals, einem kleinen Ort im Süden der Provinz Valencia an der Ostküste von Spanien. Schon seit dem 1. Januar ist dort das angeblich größte Lagerfeuer der Welt aufgeschichtet: Es besteht aus 80 Tonnen Feuerholz, ist 18 Meter hoch und hat einen Umfang von 14 Metern. Die Tradition ist auch der Dankbarkeit gegenüber dem heiligen Antonius geschuldet, der das Dorf im 17. Jahrhundert vor einem schlimmen Erdbeben bewahrt haben soll. Verbrannt wird der riesige Kiefernkegel immer am 16. Januar.

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