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Zum Tod von Queen Elizabeth II: Erinnerungen an „Tante Lilibeth“ in Spanien - Windsors und Bourbonen

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Von: Marco Schicker

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König Felipe VI. zu Besuch bei Queen Elizabeth II.
Spaniens König Felipe VI. zu Besuch bei Queen Elizabeth II. in London im Jahre 2017. © EFE

Auch wenn die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und Spanien historisch vielschichtig, die Häuser Windsor und Bourbon eng verwandt sind, besuchte Queen Elizabeth II. Spanien nur ein einziges Mal. Ein wenig Geschichte sowie ein wenig Hofklatsch zum Abschied.

London/Madrid - Nach 96 ereignisreichen Lebens- und 70 pflichttreuen Dienstjahren auf dem englischen Thron hat sich Queen Elizabeth verabschiedet und die Welt verabschiedet sich von ihr. Ihr Tod am 8. September 2022 weckt auch in Spanien diverse Erinnerungen an Isabela II. de Inglaterra oder die "tía", die Tante Lilibeth, wie der heutige spanische König Felipe VI. und seine Geschwister sie immer nannten.

Queen Elizabeth II. besuchte Spanien nur ein einziges Mal, das war im Jahr 1988. Dabei schaute sie in Madrid, Sevilla und Barcelona vorbei, hielt offizielle und familiäre Treffen ab, an ihrer Seite Prinzgemahl Philipp von Edinburgh. Manche meinen, das Oberhaupt des Empire hielt sich mit Besuchen in Spanien wegen des Dauerstreits um Gibraltar zurück, doch gibt es starke Hinweise darauf, dass Elizabeth nach den vielen Skandalen im eigenen Haus, sich nicht auch noch allzu oft in der Nähe des Schwerenöters Juan Carlos I. sehen lassen wollte, gegen den eine Weile sogar in Großbritannien ermittelt wurde.

Zum Tod der Queen: Erinnerungen an ihren Besuch in Spanien

Am 17. Oktober 1988 holte der damals 20-jährige Thronfolger Prinz Felipe die Monarchin und ihren Gatten in Madrid Barajas vom Flughafen ab, im Palacio El Pardo gab es einen kleinen Empfang, im Palacio de la Zarzuela ein Mittagessen im kleinen Rahmen mit Juan Carlos und Sofía, am Abend dann ein großes Gala-Dinner im Palacio Real von Madrid, mit der ganzen Hof-Schickeria von dies- und jenseits des Ärmelkanals. Die spanische Klatschpresse war damals voll mit Berichten über jedes Lächeln, jedes Kleid und jedes Schmuckstück, die jeweils Bezüge zu gemeinsamen Verwandten hatten.

Queen Elizabeth in Spanien 1988
Die Queen in Spain. 1988 an der Seite von König Juan Carlos I. © EFE Archivo

Anwesend war beim Gala-Dinner auch ein historisches Kuriosum, nämlich Juan de Borbón y Battenberg, ein Onkel der Queen, der gleichzeitig Sohn (von König Alfons XIII) und Vater (von Juan Carlos I) eines Königs, aber nie selbst König war. Von 1941 bis 1977 war er zwar Chef des Hauses Bourbon, doch Franco verhinderte ihn auf dem Thron, nahm ihm den Sohn Juan Carlos ab, um ihn nach seinem Bilde zu formen. Hätte Juan de Borbón diesen Deal damals abgelehnt, wäre Spanien heute womöglich eine Republik.

Juan de Borbón y Battenberg empfing seine Cousine Queen Elizabeth später nochmals privat in Barcelona in seinem Schlösschen Puerta de Hierro auf einen Tee oder einen Gin. Die Queen soll sich außerdem für das damals schon fertige Olympia-Maskottchen für 1992 Cobi begeistert haben und ließ T-Shirts und anderen Nippes für ihre Enkel in London besorgen. Dann gab es ein Treffen mit Spaniens sozialistischem Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero. In Sevilla machte die Queen einen kleinen Stadtrundgang und genoss einen militärischen Empfang am ältesten, durchgehend von einem Monarchen benutzten Königsschloss Europas, den Real Alcázares und damit einen historischen Anknüpfungspunkt an Zeiten, als Kastilien und die Tudors noch gemeinsame Bande schmiedeten, bevor Spanier und Briten in wilden Kriegen übereinander herfielen. Diplomatische Symbolik - in royalem Understatement allenthalben.

Die Queen und die Reyes: Enge Verwandschaft zwischen Windsor und Borbón

Die verwandschaftlichen Querverbindungen allein der britischen und spanischen Königshäuser Windsor und Borbón vollständig darzustellen, würde Bücher füllen. Daher hier nur die wichtigsten dynastischen Verbindungen: Sowohl Spaniens Ex-König Juan Carlos I. als auch seine Ehefrau Doña Sofía haben Königin Victoria von England (1819-1901) als gemeinsame Vorfahrin. Juan Carlos' Großmutter, Victoria Eugenia de Battenberg (daraus wurde in England dann Mountbatten, die Kinder von Philipp und Elizabeth sind Mountbatten-Windsor), ist die Enkelin von Königin Victoria und heiratete Alfonso XIII. von Bourbon, also Juan Carlos' Großvater.

Queen Elizabeth II. beim Staatsbesuch in Spanien 1988
Queen Elizabeth II. beim Staatsbesuch in Spanien 1988. Hier in Sevilla. © RTVE/EFE

Spaniens Ex-Köngin Sofía von Griechenland wiederum ist mit dem Hause über ihren Urgroßvater verwandt, kein geringerer als Deutschlands letzter Kaiser Wilhelm II., dessen Großmutter Königin Victoria war. Die spanischen Prinzessinnen Leonor und Sofía stammen also sowohl vom britischen wie vom deutschen Thron ab, sind so - unter anderem - mit den Häusern Hannover, Hessen, Sachsen-Coburg und Hohenzollern verwandt. Im Grunde handelt es sich um vielfache Inzucht, aber so nennt man das bei Blaublütern nicht, da heißt es dynastischer Pragmatismus.

Kelten und Catalina, Sherry und Gibraltar: Spaniens und Britanniens gemeinsame Geschichte(n)

Queen Elizabeth II. steht von Amtswegen als Symbol für das britische Empire, the United Kingdom, und damit auch für dessen Geschichte. Einmal über den Atlantik, das Kantabrische Meer, die Biskaya und das Keltische Meer sind Spanien und Großbritannien quasi Nachbarn. Mit den Kelten haben Briten und Spanier sogar ein gemeinsames "Urvolk" vozuweisen, wobei sich Historiker heute noch nicht ganz einig sind, ob die Kelten von Hispanien nach Britannien übersetzten oder umgekehrt und wer wessen Kultur dabei befruchtete.

Enger wurde die Bande mit Katalina von Aragón und Kastilien, Tochter der Katholischen Könige und Tante von Carlos I., die von 1509 bis 1530 sogar Königsgemahlin von England und Mutter von Mary I., also einer echten englischen Königin war. Allerdings war sie keine Borbón, sondern eine Trastámara und Henry VIII. auch kein Windsor, sondern ein Tudor. Kurz darauf folgten viele kriegerische Scharmützel zwischen der Royal Navy und der "unbesiegbaren" spanischen Armada im Kampf um die Vorherrschaft im Welthandel, um Schiffahrtsrouten und die Kontrolle um die Einfahrt zum Mittelmer.

Im Zuge der britischen Anfgriffe verlor Spanien seine Seehoheit, der Freibeuter seiner Majestat, Francis Drake, fiel zum Höhepunkt dieser Schlachten u.a. 1587 über Cádiz her, ließ spanische Küstenorte plündern. Damals hatte Spanien Portugal besetzt und London und halb Europa damit bis aufs Blut gereizt, es musste in seine Schranken gewiesen werden. Zumal es konkrete Pläne Felipes II. gab, mit seiner in der Lepanto-Schlacht gestählten Seestreitmacht gleich nach Britannien zu segeln, um England zu be- und Elizabeth I. abzusetzen.

Felipe war besessen von Kreuzzügen, Spanien im Rausch: Morisken und Juden aus dem Land deportiert, die Protestanten im Osten aufgehalten, die Osmanen vorerst gestoppt, die „Wilden“ der Neuen Welten bekehrt und nun ging es auf die abtrünnigen Anglikaner, Spaniens fanatischer Katholizismus lieferte auch für diese geplante Eroberung den ideologischen Rahmen. Die „falsche“ Religion zu haben, war für das damalige Alpha-Spanien ein „No go“. Doch im Grunde rangen hier nur zwei Weltmächte um die Vorherrschaft, und die eine - auf dem Höhepunkt von Glanz und Gloria - ahnte noch nicht, dass ihr Stern längst im Sinken begriffen war und Britains star aufging.

Spaniens König Alfonso XIII mit seiner Frau Victoria Eugenia von Battenberg
Spaniens König Alfonso XIII mit seiner Frau Victoria Eugenia von Battenberg im Jahre 1906. © WikiCommons/Public Domain

Nachdem sich die Kämpfe allmählich gelegt hatten, Drake holte sich beim zweiten Mal in Cádiz doch noch eine blutige Nase, die Spanier ein paar mehr, verlegten sich Britannien und Spanien zusehends auf den Handel. Die Briten beherrschten den Wein- und Rosinenhandel mit Málaga und der Levante-Küste, doch sie verliebten sich vor allem in den Sherry, der ohne die räuberische Vorgeschichte vielleicht nie so raffiniert geworden wäre. Denn das Verschneiden des süßen Moscatel oder Palomino mit Alkohol war zunächst nur eine Maßnahme, um den Wein haltbar für die Verschiffung zu machen und die Gärung zu stoppen. Bald schon machten Briten wie Spanier hierbei gemeinsame Sache. Das berühmte Sherry- und Brandy-Haus Osborne ist nur eines der vielen Beispiele für diese britisch-spanische Symbiose im Geist des Weines.

Gibraltar: Britischer Stachel in Spaniens Fleisch - Höfliche Distanz

Als eine Folge des Spanischen Erbfolgekriegs Anfang des 18. Jahrhunderts, bei dem auch die Briten aktiv mitwirkten, blieb ein schmerzhafter britischer Stachel in Spaniens iberischem Schinken stecken: Gibraltar. Der Streit um den Peñon, den Affenfelsen, diese Kolonie des Empire auf dem europäischen Kontinent, aus spanischer Sicht ein historischer Unfall und recht eigentlich eine Unverschämtheit - aber bei Weitem nicht die kurioseste Grenze Spaniens -, hat bewirkt, dass Spanien und Großbritannien offiziell in höflicher und achtsamer Distanz zueinander blieben, dicke Freunde wurden beide Staaten bis heute nicht. Der Brexit hat daran nichts zum Guten geändert, obwohl die Zusammenarbeit in konkreten Fällen, wie beim jüngsten Schiffsunglück vor Gibraltar, durchaus professionell und pragmatisch von Statten geht.

Vergessen wir aber nicht Gibraltar II und III: Benidorm und Magaluf, die zwei Holiday Hot Spots der Briten in Spanien und auch die hunderttausenden Rentner aus Großbritannien, die in Spanien Sonne und preiswertes Bier als Residenten genießen, jetzt, nach dem Brexit, auch überwiegend korrekt angemeldet. Sie sind ebenfalls Botschafter ihres Landes und ein Beleg für die Normalisierung in Europa.

Zum Thema: Wie Briten in Spanien den Tod der Queen betrauern.

Felipe und Letizia dürfen im Buckingham Palace übernachten

Gibraltar war immer wieder Anlass für Verstimmung, nicht nur zwischen den Staaten, auch zwischen den Herrscherhäusern, die nicht mehr herrschen, ihre Staaten aber als Staatsoberhäupter repräsentieren. Zunächst zickten Juan Carlos I. und Sofía rum, ließen sich zur Hochzeit von Charles und Diana 1981 nach London einladen, sagten aber im letzten Moment noch ab. Danach düpierte das frisch vermählte Windsor-Paar die Spanier, als sich Charles und Diana ausgerechnet von Gibraltar aus zum royalen Honey Moon, ihrer Hochzeitsreise einschifften.

Schwamm drüber, sagte irgendwann die krisengeschulte Queen Elizabeth II. Beim Staatsbesuch von Felipe und Letizia 2017 in England, schloss sie endgültig Frieden mit den Spaniern und ließ den Gästen die höchste denkbare Ehre angedeihen. Normalerweise werden Staatsgäste, auch gekrönte, allerhöchstens auf Schloss Windsor im Gästeflügel untergebracht. Das spanische Königspaar aber durfte direkt im Buckingham Palace in London übernachten, praktisch Tür an Tür mit der Queen. Mehr geht nicht.

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