Zitronen aus Spanien: Neue Wolllaus-Plage aus China vernichten Ernte

Chinesische Wollläuse, Pulvinaria polygonata, fallen über die Zitronenbäume im südlichen Alicante her und vernichteten schon hunderttausende Tonnen. Hilfe ist bisher rar gesät. Diese Plage taucht in Spanien erstmals in Europa auf.
- Chinesische Wolllaus-Plage tritt in Spainen erstmals in Europa auf.
- Bauern versuchen mit Marienkäfern und Ölen ihre Ernte zu retten.
- Noch wenig bis keine effizienten Hilfen von Regionalregierung, Staat und EU.
Alicante/San Miguel – Die Zitronenbauern der Vega Baja hatten während der Coronavirus-Krise Glück. Ihre vitaminreichen Früchte erfreuten sich einer so starken Nachfrage, dass die Preise für Zitronen in Spanien bis zu 40 Prozent anstiegen und diesmal sogar etwas davon bei den Erzeugern hängen blieb. Die guten Erlöse hatten die Bauern bitter nötig, denn die Dürren der Vorjahre und die ungewisse Zukunft hinsichtlich der Zuweisungen von Wasser über die Kanäle des Tajo-Segura-Systems aus dem Norden, die nicht mehr nachhaltig ist, stellen Effizienz und Tradition in Frage, immer mehr Bauern geben auf. Auch wegen Billigimporten aus Ländern außerhalb der EU.
Wollläuse zerstören Zitrusbäume: Plage erstmals in Europa aufgetaucht
Nun setzt eine weitere, in hiesigen Breiten ganz neue Plage dem Sektor zu. Hatte man beim Feuerbakterium bisher Glück, das bis dato „nur“ die Mandelbauern im Norden Alicantes betrifft, fällt nun die Pulvinaria polygonata über die Zitronen- und Limettenbäumchen, die Orangen-, Clementinen- und Mandarinenhaine in Spanien her.

Dabei handelt es sich um ein Insekt, die chinesische Wolllaus, eine Variante der Napfschildläuse, von denen es über 1.000 Unterarten gibt. Im März wurde sie in Spanien überhaupt das erste Mal in Europa nachgewiesen, an Zitronenbäumen in San Miguel de Salinas. Mittlerweile sind sie in der ganzen Vega Baja und bis Torremendo gesehen worden, greifen also auch nach dem Campo de Elche bis nach Murcia und damit dem „Gemüsegarten Europas“. Bis Anfang Juni meldet der Bauernverband Asaja 5.000 befallene Hektar und einen Ausfall von 100.000 Tonnen Früchten, überwiegend Zitronen.

Läuse im Schleimteppich auf den Zitronenbäumen: Bekämpfung aufwendig und ungewiss
Die Uni Valencia forscht im Auftrag des valencianischen Landwirtschaftsministeriums und berät sich mit Kollegen aus Australien, die diese Plage bereits seit Jahren kennen. Dabei fängt man praktisch bei Null an, denn die chinesischen Wollläuse waren bis dato in Europa völlig unbekannt. Die Ermittler haben eine Ladung Mangos aus Indien in Verdacht, mit der die Wollläuse gekommen sein könnten, der Import der Schädlinge wäre also ein weiteres Produkt des globalisierten Konsumverhaltens. Dass sie sich in der Vega Baja halten und so stark vermehren, habe indes auch mit dem Klimawandel zu tun.
Die Larven der Läuse nisten sich an Gehölz, Blättern und Früchten an, zapfen den Saft der Bäume an und schwächen sie dadurch. Hinzu kommt, dass die Läuse einen Schleimteppich fabrizieren, in dem sie ihre Eier gut geschützt ablegen. Auf dem bildet sich ein weißer Schimmelpilz, der den Verkauf der Früchte unmöglich macht. Diese Schicht sieht mitunter wie Baumwolle aus.
Marienkäfer als Schädlingsbekämpfung: Effektiv aber teuer - Drängen auf EU-Hilfe
„Das Problem ist, dass diese Tiere keine natürlichen Feinde bei uns haben, die Plantagen, in die sie eindringen, zerstören sie völlig“, berichtet José Vicente Andreu, einer der betroffenen Bauern. „Das einzige, was wir versuchen, ist der Einsatz der Larven des australischen Marienkäfers, die die Eier der Pulvinaria essen. Aber diese Larven sind sehr teuer“, zitiert ihn Asaja Orihuela, verbunden mit der Forderung an das Ministerium, sie möge diese ebenfalls invasive Spezies als Schädlingsbekämpfer anerkennen und für die Bauern kaufen. Immerhin habe sich der Marienkäfer in der Bekämpfung anderer Wolllaus-Arten bereits bewährt. Der Einsatz anderer Mittel, spezielle Öle und Chemikalien helfen hier nicht, so Andreu, denn „diese Insekten schützen sich mit ihrer Wollschicht sehr gut“.
Das Ministerium in Valencia setzt aber bisher noch auf die alten Mittel, weil, wie man dort zugibt, man noch zu wenig über die Biologie der Plagegeister wisse. Gleichzeitig bezichtigt man die EU beim Einsatz von Mitteln zu unflexibel zu sein. Derzeit kann Valencia nicht mehr machen, als eine Infobroschüre mit den zugelassenen Gegenmitteln zu erstellen und Druck auf Forschung und EU ausüben, das Problem als existentielle Gefährdung ernst zu nehmen.