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Andalusiens Bauern schütten Milch weg: Preiskrieg um die Existenz

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Von: Marco Schicker

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Andalusische Milchbauern schütten aus Protest gegen ruinöse Aufkaufpreise Milch auf der Straße aus.
Andalusische Milchbauern schütten aus Protest gegen ruinöse Aufkaufpreise Milch auf der Straße aus. © COAG/EFE

Der französische Konzern Puleva Lactalis, der größte Abnehmer von Milch in Andalusien, zwingt Bauern zu 15 Prozent Nachlass beim Milchpreis. Die spanischen Milchbauern kippen die Milch aus Protest weg.

Granada – Der Konflikt ist alt, doch 2023 sind die Umstände besonders brutal. Rund 150 Milcherzeuger Andalusiens, vor allem der Provinzen Granada, Sevilla, Córdoba und Cádiz, schütten seit Dienstag, 2. Mai, die Milch ihrer Kühe weg, bis sie wieder faire Preise erhalten. Der Verband der Milchbauern Andalusiens, COAG, prangert damit die Preispolitik des wichtigsten Abnehmers, Puleva an. Das Unternehmen gehört seit 2010 zum französischen Großkonzern und Weltmarktführer Lactalis und zwingt die Bauern in Spanien zu einer Preissenkung von 9 Cent pro Liter. Wer nicht akzeptiert, ist raus.

Preiskrieg zwischen Lactalis und Andalusiens Milchbauern: Wegschütten aus Protest

COAG-Vertreter José Luis de la Ros erklärt, „dass die Rechnung einfach nicht aufgeht“. Die Kosten für Viehfutter seien wegen der massiven Ernteausfälle durch die Dürre in Spanien und das Chaos auf dem Weltmarkt „so hoch wie nie“, hinzu kämen die enormen Energiepreise „seit eineinhalb Jahren“ und die allgemeine Teuerung, einschließlich der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohnes. „Bisher zahlten sie uns rund 60 Cent pro Liter Milch, die Kosten belaufen sich auf um 58 Cent, ein Milchbauer verdient also rund 2 Cent pro Liter“, erklärt der Verbandsvertreter.

Kühe in einem Milchviehbetrieb in Spanien
Das Viehfutter, ob Bio-Stroh oder industrielle Pellets, ist so teuer wie noch nie in Spanien. Die Dürre trägt daran den größten Anteil. © EFE

„Nun will Lactalis 9 Cent pro Liter weniger bezahlen, so würden die Milchbauern mit jedem Liter Geld verlieren, das ist einfach nicht machbar“. Wer bis Montag, 1. Mai, den neuen Liefervertrag mit dem französischen Konzern nicht unterzeichnet hatte, wurde bereits nicht mehr von den Milchtankwagen angefahren. Seitdem ergießen sich in den Betrieben ganze Ströme von Milch ins Abwasser oder versickern einfach im Boden.

Spaniens Milchbauern machen Verluste trotz Rekordpreisen

Im Fall der Granja El Pinar, ein mittlerer Milchkuhbetrieb in Jerez mit 400 Tieren, sind das 11.000 Liter am Tag. Denn auch, wenn der Hof in einer Kooperative mit mehreren Kollgen zusammengeschlossen ist, „ Lactalis Puleva ist der regionale Monopolist“, denn er beliefert die Supermärkte und weiterverarbeitenden Fabriken, hat sich mit langfristigen Verträgen abgesichert. „Einer Senkung auf 55 Cent pro Liter von bisher 60 haben wir zugestimmt, aber die wollen nur 51 zahlen, da können wir die Milch nur wegschütten“, erklärt Milchbauer Alfonso Gutiérrez im „Diario de Cádiz“. Die COAG ruft auch die Regierung zu Maßnahmen auf, denn das Gesetz sei auf der Seite der Milchbauern. Das Gesetz zur Warenkette bestimme, dass der Abgabepreis in der Landwirtschaft nicht unter den Kosten liegen dürfe. Doch schon beim Streik der Transportunternehmen in Spanien 2022 wurde sichtbar, wie problematisch die Durchsetzung ist.

„Unter Herzschmerzen“ würde Juan Jarana, Milchbauer aus Rota bei Cádiz, seine Milch wegschütten, schreibt COAG in diesem Twitter-Post. Sie verlangen einen „fairen Preis“:

Lactalis meint, es müsse mit den Marktgegebenheiten Schritt halten, Handelsketten und Weitervearbeiter würden auch sie unter Druck setzen. Ein Liter Milch bei Mercadona (Hausmarke Hacendado) kostet derzeit rund 85 Cent. Lactalis stellt die andalusischen Milchbauern daher als die sturköpfigsten Europas dar, sie erhielten momentan die höchsten Preise, „aber wir haben auch die höchsten Kosten im Moment“, so der Bauer.

Was sie ihm anbieten, würde Verluste von 30.000 Euro im Monat bringen. „Das wäre bald mein Ruin“, also bliebe ihm nur der Protest mit seinen hunderten Kollegen, die in der gleichen Lage sind. „Was wissen die denn, was auf dem Land los ist?“, fragt Alfonso Gutiérrez und meint damit die feinen Herren in der Konzernzentrale in Paris, die ein Imperium in 140 Ländern mit 38.000 Mitarbeitern lenken. Wie Andalusiens Milchbauern in die ruinöse Abhängigkeit zu einem Monopolisten gelangten, diese Frage stellt er zumindest nicht laut, während er den Hahn seines Milchtanks öffnet und die weiße Brühe über seinen Hof laufen lässt.

Zum Thema: Wie Andalusiens Bauern mit Pistazien in eine Preisfalle gelockt werden.
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