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Andalusien-Wahl: Vox tritt mit „illegaler Einwanderin“ an - Der Fall Macarena Olona

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Von: Marco Schicker

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Vox-Politikerin Macarena Olona vor einem Polizeiauto.
Macarena Olona sieht sich im Recht, auch wenn sie es bricht? Der Meldeskandal hat ihrer Partei Vox eher genutzt als geschadet. © EFE

Beinahe hätte die Vox-Politikerin Macarena Olona am eigenen Leib erlebt, wie schicksalhaft „falsche“ Papiere und „fremde“ Herkunft wirken können. Doch vorauseilender Beamten-Gehorsam und larmoyantes Opfertheater machen ihren mutmaßlichen Meldebetrug zu einem PR-Erfolg im Wahlkampf um Andalusien.

Ergebnisse zur Wahl in Andalusien am 19. Juni zeitnah hier bei costanachrichten.com

Granada – Kennen Sie noch den Ohrwurm „Macarena“ des andalusischen Partyduos Los del Río, der uns jeden Sommer aufs Neue quält? Dass die Vox-Politikerin Olona ihn als Vornamen trägt, soll, so ventilieren es Spötter, dem Vox-Vorstand genügt haben, sie zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Andalusien am 19. Juni 2022 zu machen. Der Name, dazu ein Fächer in die Hand und ein Auftritt im Flamenco-Kleidchen bei der Feria in Sevilla, das sei „andalusisch“ genug, um im Süden zu reüssieren.

Dass Macarena Olona, die selbst für Vox-Verhältnisse als Hardlinerin gelten kann, aus Alicante stammt und in Madrid lebt, werfen ihr nicht wenige regionalpatriotische Andalusier vor, während die Vox-Strategen das als panische Schmierenkampagne des politischen Establishments brandmarken, das schlicht Angst vor der „neuen Kraft“ habe und dass Vox nun bald auch in Andalusien für Ordnung sorgen werde, so wie es die Rechtspopulisten angeblich überall tun, wo „das Volk“, oder 10 bis 17 Prozent davon, sie in die Regierungen oder nahe daran hievte, in Murcia und in Madrid als Dulder, in Kastilien und León sogar in eine erste reguläre PP-Vox-Koalition und bald auch in der Zentralregierung.

Wo wohnt Macarena Olona? Wahlkommission unterdrückt Zweifel an regelkonformer Anmeldung

Die permanente Opferrolle einer von der korrupten Elite und ihren medialen Handlangern unterdrückten Volksbewegung rein spanischen Geblüts, ist die zentrale Mobilisierungslegende von Vox geworden und ersetzt in weiten Teilen eine schlüssige und umsetzbare Programmatik. In Andalusien kommt diese Wahlkampfhilfe höchst amtlich daher: Die Kandidatin Olona nämlich habe Meldebetrug begangen, sich in der Villa eines reichen, Vox-affinen Hoteliers im Örtchen Salobreña bei Granada registrieren lassen, ohne je dort gelebt zu haben. Zunächst winkte das Meldeamt ab, zum Zeitpunkt der Meldung sei „alles rechtens“ gewesen.

Dann der Schwenk, vorige Woche erklärte die Bürgermeisterin, sie lasse prüfen, ob Olona in der Wohnung wohne, falls nicht, würde die Anmeldung rückgängig gemacht. Der Vorgang könne allerdings einige Zeit dauern. Das Linksbündnis (natürlich!) Andaluces Levantaos zeigte den Vorgang bei der Landeswahlkommission an, doch die zeigte sich unbeeindruckt und bestätigte am Montag die Kandidatur, denn „zum Zeitpunkt der Einreichung der Kandidatenlisten lag eine gültige Meldebescheinung vor“. Ob die nun betrügerisch zustande kam oder nicht, scheint die Kommission nicht zu interessieren. Der Vox-Hotelier beharrt indes darauf: „Natürlich lebt Macarena hier“, sagt er, während TV-Kameras sie beim Verlassen ihrer Wohnung in Madrid zeigen.

Vox-Politikerin Olona in Granada.
Vox ante portas, auch in Andalusien: Die mögliche Spitzenkandidatin Macarena Olona stammt aus Alicante. © EFE

Es wäre eigentlich eine schöne Lektion in Sachen Rechtsstaatlichkeit gewesen, nicht nur für die frühere Staatsanwältin Olona und Vox, sondern vor allem für deren kritiklose Anhängerschaft, wenn Melderegeln und die richtigen Papiere eben nicht nur für Zugewanderte, sondern für alle gelten würden. Dann sähen auch Vox-Kader einmal, was es bedeutet, wenn das Schicksal und die Chancen eines Menschen von Herkunft und Bürokratie abhängen, kommentierten den Skandal – natürlich linke – Zeitungen. Doch so wie die Sache gelaufen ist, liefert sie viel eher eine neuerliche Lektion in Sachen eines dem Gehorsam vorauseilenden Amtsschimmels, ein alter, in Spanien wohlbekannter Klepper.

Olona zeigt Bürgermeisterin wegen Amtsmissbrauch und Wahlbeeinflussung an - Und der Meldezettel?

Den Prognosen nach wird Vox die nächsten Jahre entscheidender Machtfaktor in Andalusien, wird die PP, die ihren bisherigen Koalitionär Ciudadanos abstößt und sich anderen Bündnissen verschließt, in einer Koalition in die Ecke drängen oder sie vor sich hertreiben können, wie immer ihr beliebt. Für solche Zeiten geziemt es sich für Beamte scheinbar, zunächst sich selbst abzusichern als das Recht durchzusetzen.

Olona hat am Dienstag die (PSOE-)Bürgermeisterin von Salobreña wegen des Versuchs, ihre Anmeldung rückgängig zu machen, bei der Guardia Civil angezeigt, wegen Amtsmissbrauchs und Versuch der Wahlmanipulation. Das ist die Logik von Vox. Der Rechtsstaat hat nur Gültigkeit, wenn er uns dient. Vox-Chef Santiago Abascal sekundiert mit Pawlowschen Kommentaren von der „Hexenjagd“ einer „Clique“ gegen seine Macarena, die ihm doch so viel Alegría bringen soll.

Nur ein reguläres Gericht kann der Sache nun noch auf den Grund gehen und geltendes Recht durchsetzen. Doch selbst das wäre aus Vox-Sicht eine willkommene Wahlhilfe für die Partei der Opfer der „Demokratiediktatur“, wie Abascal das legitime System einmal benannte und womit er Millionen Spanier mobilisieren kann, auch wenn seine Partei gegen sämtliche sozialen Maßnahmen - vom Mindestlohn bis zur Benzinbeihilfe - gestimmt hat, die auch einem Großteil seiner Wählerschaft zu Gute kommen.

Zum Thema: Alicantes Schwenk nach rechts: PP erkauft sich Vox-Stimmen mit Politik gegen Arme und Frauen.

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