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Dürre und Hitze in Spanien: Geldregen gegen Trockenheit - späte Investitionen - Erster Trinkwasser-Mangel

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Von: Marco Schicker

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Pedro Sánchez trinkt Wasser.
Um jeden Schluck Wasser will Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez kämpfen. © EFE

Mit Subventionen für Bauern sowie Investitionen in Milliardenhöhe in die Wasser-Infrastruktur will Spaniens Regierung die Schäden durch die Dürre lindern und sich für eine trockene Zukunft wappnen. Spanien steht ein weiterer Rekordsommer bevor, arbeiten unter zu heißer Sonne wird verboten.

Update, 15. Mai: Ersten spanischen Orten geht das Trinkwasser aus, Bericht des deutschen TV-Senders ProSieben

Dass Tankwagen einzelne Orte in Spanien mit Trinkwasser versorgen müssen, ist nichts Neues, die Bild-Zeitung und ProSieben kreiren hier etwas künstlich „Sensation“. Das hat vor allem mit schlechter Infrastruktur und Planung zu tun. Doch natürlich verschärft die Dürre, also der Wassermangel die Lage und in mehreren Regionen Spaniens könnte es tatsächlich ab Herbst zu größeren Einschränkungen bei der Wasserversorgung kommen.

Update, 15. Mai: In Andalusiens Klassenzimmer fehlen Klimaanlagen und Bäume. Eltern, Lehrer und Schüler protestieren gegen Plan der Landesregierung.

Erstmeldung, 11. Mai, Madrid - Bei fast jeder Rede zum Thema Wassermangel und Dürre fordert Andalusiens Ministerpräsident Juanma Moreno Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez in Madrid dringend zu Kooperation und Gegenmaßnahmen auf, Geld solle fließen, wenn schon die Flüsse kaum mehr fließen. Nun hat Premier Pedro Sánchez eine außerordentliche Kabinettssitzung zum Thema Dürre und Hitze anberaumt, da ist es auch wieder nicht recht. „Das ist billiger Wahlkampf“, motzt Moreno.

Andalusien ist nicht die einzige von der Dürre geplagte Region in Spanien: Katalonien, Teile Aragóns, Murcia, die Extremadura, fast die gesamte Mancha sowie Teile beider Kastiliens, ländliche Bereiche der Hauptstadtregion Madrid, sogar der Süden von Asturien und Kantabrien sowie der Süden und das Hinterland der Region Valencia gehören auch dazu, über die Hälfte des Territorium des Landes. Das gleiche gilt übrigens auch für Nachbar Portugal, wo gerade für 40 Prozent des Landes der Dürre-Notstand ausgerufen wurde. Und es gilt seit Monaten. Von den teils starken Regenfällen, die in Teilen Spaniens für die kommenden Tage angekündigt sind, sollte man sich nicht täuschen lassen. Es bleiben, wenn auch sehr willkommene, Tropfen auf heißen Steinen.

Dürre in Spanien: Trockenste Phase seit Aufzeichungsbeginn - Milliarden für Bauern

Sonnenstunden in Spanien, April
Durchschnittliche Sonnenstunden in Spanien, April der letzten 40 Jahre. © Aemet/Eumetsat

Die Dürre in Spanien, die große Teile der diesjährigen Ernten zerstört hat, die kommenden bedroht und sehr bald auch Probleme bei der Versorgung mit Trinkwasser bereiten wird, ist so akut wie chronisch. Die Wasserspeicher in Spanien, Stauseen und für Trinkwasser geeignete Flüsse, sind nur zu 48 Prozent gefüllt, nochmals mehrere Punkte unter dem Stand des Vorjahres und der nasse Norden dabei eingeschlossen. Mehrere Stauseen in Katalonien und Andalusien sind bereits komplett ausgetrocknet. Laut Wetteramt Aemet waren der Jahresauftakt, speziell März und April 2023, „die heißesten und trockensten Monate“ seit wissenschaftlichem Aufzeichungasbeginn (1943). Die Abwärtstendenz bei den Regenmengen, zunehmende Verdunstung durch erhöhte Temperaturen, gleichbleibende Verschwendung und mehr Bedarf für Landwirtschaft und Tourismus - die zusammen rund 80 Prozent des Wassers verbrauchen - bringen Spaniens Trinkwasser-Kreislauf an den Rand eines Infarkts. Kompetenzwirrwarr und Investitionsstau verschlimmern die Lage. Die Daten von Aemet (siehe Grafiken) sind eindeutig: Diese Dürre ist keine Episode, sondern eine Katastrophe, die bleiben wird.

Niederschläge in Spanien, Karte
Akkumulierte Niederschläge in Spanien vom 1. Januar bis 8. Mai 2023 in Prozent zum Mittel der vergangenen 20 Jahre. © Aemet

Mittlerweile scheint Regierungschef Pedro Sánchez erkannt zu haben, dass die Wasserkrise sich zu ähnlichen Dimensionen auswachsen könnte, wie zuvor Corona, die Energiekrise, die Inflation und das Thema auch im Wahlkampf eine Rolle spielt. Seit März 2023 hat die Regierung - zusätzlich zu den Hilfen der Länder und den regulären EU-Fonds - rund 1,1 Milliarden Euro Nothilfen an Landwirte und Viehzüchter ausgezahlt, die durch die Dürre und die Preiserhöhungen bei Dünger, Saatgut, Viehfutter und Energie massive Einbußen hatten. Ende April senkte die Regierung zudem die Einkommenssteuer (IRPF) für 800.000 Landwirte und Viehzüchter um ein Viertel, was denen im kommenden Steuerzyklus rund 1,81 Milliarden Euro Steuern erspart.

Investitionen gegen Wassermangel in Spanien: Späte Milliarden

Trockenes Feld in Spanien.
Irgendwo in der Mancha, ein Feld, ein Baum, kein Tropfen Wasser. Spanien leidet unter einer Jahrhundert-Dürre. © Morell/EFE

Bis 2026, so lässt es die Regierung Sánchez ausrichten, werde der spanische Staat 22,8 Milliarden Euro in „hydroglogische Investitionen“ stecken. Seit Amtsantritt Sánchez 2018 bis heute wurden dafür übrigens nur 540 Millionen Euro ausgegeben. Das waren zwar 70 Prozent mehr als bei der konservativen Regierung zuvor, aber im Angesicht der Dimensionen der Krise erscheint dieses „kleckern“ sehr fahrlässig und wenig weitsichtigt. Bei den genannten 22,8 Milliarden Euro hilft die Europäische Union, so sagt es die Regierung, mit rund 3,17 Milliarden mit. Diese Gelder sind alle für Projekte in zentralstaatlicher Kompetenz vorgesehen, also in erster Linie für Ausbau und Pflege von Stauseen, den embalses und pantanos, den Bau neuer sowie den Ausbau und die Umrüstung auf Erneuerbarer Energien bestehender Meerwasserentsalzungsanlagen, die, da sie Meerwasser entnehmen, dem Staat (Küstenamt, Umweltministerium) unterstehen. Konkret beschlossen wurde der Bau von zwei neuen Meerwasserentsalzungsanlagen in Almería und Málaga für je 200 Millionen Euro sowie eine Großaufbereitungsanlage für Brauchwasser in Alicante.

Durchschnittstemperaturen in Spanien seit Januar 2023
Durchschnittstemperaturen in Spanien seit Januar 2023, grüne Linie: Langjähriger Durchschnittswert 1991-2020. © Aemet

Weitere 1,6 Milliarden Euro will Sánchez bis 2026 an die Autonomen Gemeinschaften (Länder) überweisen, für den Ausbau und die Verfeinerung der Aufbereitung von Trinkwasser, das Auffangen von Regenwasser, Projekte der Effizienz, Digitalisierung, Reparatur von Leitungsnetzen sowie den Bau sogenannter „Wasserautobahnen“ von einem Stausee zum anderen, um Defizite untereinander ausgleichen zu können. Zusätzliche 2,15 Milliarden Euro verspricht Sánchez für die Modernisierung der Bewässerungssysteme und Bewässerungsmethoden in der Landwirtschaft, wobei hier auch Know How aus Kalifornien, Israel und von der Arabischen Halbinsel eingsetzt werden soll, die schon lange gute Anbauergebnisse unter widrigen klimatischen Bedingungen erzielen, - allerdings auch mit den richtigen Pflanzen.

Arbeitsverbot bei Hitzewellen: Spanien will Hitzetote verhindern

All diese Projekte sind wichtig, helfen aber nicht über die aktuelle Dürre in Spanien 2023 mit einem Rekordsommer vor der Tür, der nach dem Erlebten im Sommer 2022 hinsichtlich Wasserverbrauch, Waldbrandgefahr und Hitzetoten Schlimmes ahnen lässt. Bereits jetzt wurden für hunderte Gemeinden in Katalonien Einschränkungen bei der Wassernutzung verhängt, ab September droht auch Rationierung von Wasser in Andalusien, wie das Landeschef Moreno ankündigte. Der steht in Andalusien derzeit auch in der Kritik, weil er die Klimatisierung der über 2.500 Schulen in seinem Land nicht auf die Reihe bekommt, trotz großspuriger Versprechungen.

Temperaturanomalien in Spanien 2023
Diese Karte des spanischen Wetteramtes Aemet bebildert die Temperaturanomalien in Spanien im April 2023, gelbe Flächen: 20 Prozent über dem langjährigen Mittel, orange: 35-40%, rot: 50-60 Prozent wärmer als im Schnitt. © Aemet

Spaniens Arbeitsministerin Yolanda Díaz will indes zumindest die schlimmsten Unglücke des Vorjahres in diesem verhindern. „Wir mussten schlimme Dinge sehen, zum Beispiel bei der Müllabfuhr (in Madrid), wo Mitarbeiter an Hitzeschlägen starben. Daher werden wir die Gesetze anpassen, das nicht einfach hinnehmen“, erklärt Yolanda Díaz. Eine erweiterte Liste von Berufen unter der Sonne werden 2023 bei orangen oder roten Hitzewarnungen des Wetteramtes Aemet gänzlich verboten sein, andere müssen sich von den Arbeitszeiten her anpassen. Außerdem sollen in geeigneten öffentlichen Gebäuden in ganz Spanien ab Sommer Wasserausgabe- und Abkühlungsorte eingerichtet werden, um die Überhitzung zu vermeiden, vor allem bei dafür besonders anfälligen älteren Menschen.

Alles Wahlkampf, sagt Andalusiens Landeschef Moreno. Gerade stellen seine Volkspartei (PP) und Vox gemeinsam durch eine gesetzliche Amnestie für rund 1.600 Landwirte sicher, dass der Wasserraub, die illegale Bewässerung der Erdbeerplantagen am Nationalpark Doñana ungestraft weitergehen kann. Für die Kinder hat er hitzefrei ab 12 Uhr beschlossen, über einen Monat nach der ersten Hitzewelle 2023.

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