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Einkommen in Spanien: Statistik macht nicht satt - Arm und Reich auf interaktiver Karte

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Von: Marco Schicker

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Karte über die Einkommensverteilung in Spanien
Lebensstandard ist zwar immer relativ, dennoch ist das Nord-Süd-Gefälle bei Spaniens Einkommen deutlich erkennbar. © INE

In Andalusien liegen 16 der 20 Gemeinden mit den geringsten Einkommen in Spanien, während Alicante an der Costa Blanca die ärmste größere Stadt auf Spaniens Festland ist. Über Einkommensscheren, statistische Tücken und geldarmes Glück in der Sonne.

Madrid - Spaniens monetär ärmste Kommune ist Palmar de Troya bei Sevilla, wo jeder erwachsene Einwohner im Schnitt im Jahr nur 6.785 Euro netto einnimmt, also 565 Euro pro Monat, 18,83 Euro am Tag. Doch auch in Torrevieja im Süden der Costa Blanca sind es nur 8.417 Euro jährlich, nun ja, gezählt und errechnet an den wirklich gemeldeten Einwohnern. Fast viermal so viel Geld wie im ärmsten Ort haben die Einwohner der reichsten Gemeinde in Spanien, Pozuelo de Alarcón, zur Verfügung. In Madrids Villenvorort sind es 26.009 Euro netto im Jahr, gefolgt von Matadepedra bei Barcelona, 22.806 und Boadilla del Monte, ebenfalls Madrid, mit 22.224.

Die statistische Aussagekraft des Durchschnittseinkommens hat ihre Tücken. Sie verdeutlicht neben zeitlichen Trends vor allem die geografische Einkommensschere in Spanien, die sich weiter auftut, ein verlässlicher Indikator von Krisen. Da die Daten aber in kein Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten oder der Preisentwicklung in Spanien gestellt werden, verzerren sie die praktische Aussagekraft doch erheblich.

Einkommen in Spanien und die Tücken der Statistik

Das Median-Einkommen, also eine Einkommensspanne, mit der der größte Teil der Einwohner des jeweiligen Ortes auskommen muss, justiert um die lokalen Preise für Wohnen, Essen, Fortbewegung, also eine renta equivalente, wäre genauer. Zudem kann es bei der Aufschlüsselung des Schnitts passieren, dass man die Putzfrau oder Pflegerin übersieht, die zwar im "steinreichen" Pozuelo in der Einliegerwohnung ihrer Herrschaft lebt, aber zum Hungerlohn schuften muss und sich nicht einmal die Bahnfahrt zu ihrer kranken Mutter leisten kann, während der arme Landmann in Jaén zwar kein Geld auf der Bank, dafür aber das Paradies in seinem Garten hat und um sich jeden Tag die Familie, die er liebt. Ein bisschen melodramatisch vielleicht, aber so versteht man es doch.

Spanische Einkommensstatistik
Spaniens Orte über 20.000 Einwohner mit den höchsten und niedrigsten Durchschnittseinkommen 2020. © INE

Ein einziger Lottomillionär katapultierte dank der Statistik ein Dorf bei Girona binnen eines Jahres von Rang 128 auf 4 in der Landesliste der höchsten Einkommen und die Einwohner wundern sich nun, wo ihr Anteil an dem ganzen Geldsegen zu finden sei. Wer ein Kleinhäuschen mit einem Gemüsegarten in einem billigen Dorf in Huelva geerbt hat, lebt mit der Hälfte des Geldes mitunter besser als ein armer Schlucker in Alicante oder ein Student in Madrid, der pendeln und eine Wohnung mieten muss.

Nord-Süd-Gefälle beim Einkommen in Spanien: Auch Touristen-Orte arm

Doch so oder so, dürfte jedem klar sein, dass jährliche Nettoeinkommen von 7.050 Euro in Iznalloz und Albuñol in Granada, 7.080 Euro in Huesa in Jaén oder 7.219 in Pruna in Sevilla schlicht Armut bedeuten und diesen Leuten die Inflation nicht nur ein Ärgernis ist, sondern reale Löcher in die Bäuche brennt, während den Reichen in Spaniens PP-Bastionen die Vermögenssteuer erlassen wird. Ein kleiner Bericht aus einem der Armutsviertel bei Sevilla mag das illustrieren.

Das Statistikamt INE hat nur Gemeinden mit über 2.000 Einwohnern in die Auflistung gestellt, deren Daten aufgrund der Verzögerungen bei der Steuererklärung übrigens auf den Einkommen von 2020 beruhen. Grundsätzlich zeigt die Karte ein striktes Nord-Südgefälle, von dem sich nicht einmal die touristisch boomenden Costa Blanca oder Costa del Sol freimachen können, denn bedenken wir, dass neben Residenten und reichen Madrilenen hier auch die meisten Kellner und Zimmermädchen leben. Das leere Spanien, dort wo es weniger Wasser hat, also La Mancha, Extremadura, Murcia sowie "traditionell" Andalusien, sind Spaniens ärmster Teil.

Einkommen in Spanien: Statistik auf interaktiver Karte

Hier geht es zur interaktiven Karte des spanischen Statistikamtes INE zum Einkommen: Tippen Sie ins Suchfeld den Namen des gesuchten Ortes ein oder zoomen sich an das zu erfassenden Gebiet, um das statistische Jahresdurchschnittseinkommen für 2020 zu sehen.

Baskenland ist Spaniens Region mit den höchsten Einkommen, Alicante die ärmste Stadt

Für ganz Spanien, auch das eine interessante Schere, die sich endlich langsam schließt, beträgt das durchschnittliche Jahreseinkommen pro Erwachsenem 18.339 Euro netto pro Mann, 17.900 pro Frau. Nach Regionen: Das Baskenland vereinte die meisten Menschen in den drei höchsten Einkommensgruppen (62 Prozent), gefolgt von Madrid (46), Katalonien (41). Andalusien wiederum hat die Mehrheit, 60 Prozent, in den drei untersten Einkommensstufen, gefolgt von Extremadura (59), den Kanaren (47) und Kastilien La Mancha (43). Nach Provinzen sind Almería, Jaén, Huelva, Cádiz (alle Andalusien) und Badajoz (Extremadura) die mit den geringsten Einnahmen, Gipuzkoa, Madrid, Vizcaya, Barcelona und Álava jene mit den höchsten.

Interessant ist auch das Einkommens-Ranking der Provinzhauptstädte, weil die einfach besser vergleichbar sind als zum Beispiel ein Flächenland mit einer Hauptstadtregion. Die höchsten durchschnittlichen Einkommen verzeichnet San Sebastián, der schmucke Kurort im Baskenland, gefolgt von Girona in Katalonien und der Hauptstadt Madrid. Mögen Andalusiens Dörfer auch arm sein, die ärmsten Städte Spaniens sind die autonomen Gebiete in Afrika: Melilla und Ceuta sowie, vielleicht etwas überraschend: Alicante Stadt. Fast jeder vierte dort, so das INE, gilt als statistisch arm. Und hier greift auch kaum das Argument niedrigerer Lebenshaltungskosten. Wer in Alicante in den vergangenen Jahren eine brauchbare Wohnung zu vernünftigem Preis suchte, wird das bestätigen. In den kommenden Jahren, das zeigt ein visionärer Blick nach Málaga, wird es zu einer Mission impossible.

Justiert nach Lebenshaltungskosten und das durchschnittliche Vermögen (z.B. Eigenheime) berücksichtigt, steht Spanien beim materiellen Wohlstand in der EU übrigens knapp hinter Italien und noch knapper vor Griechenland und Portugal. Die vier beliebtesten Urlaubsländer der Nordeuropäer - in sonniger Armut vereint.

Zum Thema: Spaniens Haushalt 2023: Rekordausgaben für Soziales - und für das Militär.

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