Solange sich Angebot und Nachfrage nicht angleichen, ist kaum mit sinkenden Immobilienpreisen in Spanien zu rechnen. Dennoch werden steigende Zinsen den Immobilienmarkt beeinflussen. Angesichts eher trüber Zukunftsaussichten haben viele Spanier einen Immobilienkauf vorgezogen. So wurden im März 18 Prozent mehr an Hypothekenverträgen geschlossen als im Vorjahresmonat. Im April waren es nur noch plus fünf Prozent. Das Experten von Caixa-Bank-Research gibt folgende Einschätzung ab: „Der Immobiliensektor zeigt einen Trend nach oben trotz der Verschlechterung des wirtschaftlichen Szenarios. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend abschwächt mit steigenden Zinsen. Die Nachfrage bleibt stark, könnte aber den Höhepunkt erreicht haben.“
Aber auch mit der erwarteten sinkenden Nachfrage ist das so eine Sache. Miguel Cardoso, Chefökonom für Spanien bei BBVA Research, verweist auf einen gegenteiligen Effekt: „In einem Umfeld mit hoher Inflation, wie es aktuell vorhanden ist, gewinnt ein Immobilienkauf an Attraktivität, um das Ersparte zu schützen“, sagt Cardoso. So gesehen werden Zinssteigerung vielleicht den Preisanstieg stoppen, für eine Erleichterung auf dem Immobilienmarkt aber werden sie nicht sorgen.
María Matos, Studiendirektorin der Immobilienplattform Fotocasa, erwartet für 2022 noch Preissteigerungen bei Gebrauchtimmobilien, die zwischen drei und vier Prozent liegen. „Der Preistrend zeigt nach oben. Aber es könnte eine Abschwächung gegen Ende des Jahres geben. Wir vertrauen darauf, dass steigende Zinsen die Preis auf dem Immobilienmarkt stabilisieren“, sagte Matos. Auch Cristina Arias von Taxierungsgesellchaft Tinsa sieht in steigenden Zinsen in steigenden Zinsen das Hauptargument für eine sinkende Nachfrage. Hinzu komme Inflation und wirtschaftliche Unsicherheit. Ihre Prognose: ein schrittweiser Rückgang der Nachfrage und eine Verlangsamung des Preisanstiegs ab der zweiten Jahreshälfte.
Das Plus im Mai auf dem Immobilienmarkt gegenüber dem Vorjahresmonat betrug laut INE 27,7 Prozent. Obwohl 2021 das Jahr mit den günstigsten Finanzierungsbedingungen war. Im Vergleich mit April dieses Jahres stieg der Zahl der Transaktionen im Mai um 26,8 Prozent – der beste Zuwachswert in einem Monat Mai seit fünf Jahren.
In den ersten fünf Monaten des Jahres wurden nunmehr 24,1 Prozent mehr an Operationen registriert als im vergangenen Jahr. Wobei bei Gebrauchtimmobilien das Plus bei 27,3 Prozent lag. Neubauwohnungen legten um 11,8 Prozent zu. Gemessen pro 100.000 Einwohner war die Region Valencia im Mai die aktivste mit 235 Transaktionen. Es folgten La Rioja mit 230 und die Balearen mit 179 Operationen.
In absoluten Zahlen wurden die meisten Käufe und Verkäufe zum fünften Mal in Folge in Andalusien mit 11.715 Transaktionen gezählt. Dann kamen die Region Valencia mit 9.496 Operationen, Katalonien mit 9.459 und Madrid mit 8.137 Transaktionen. Überhaupt nahmen im Mai die Transaktionen in 15 autonomen Regionen gegenüber dem Vorjahresmonat zu. Nur in Aragón und Navarra blieben die Zahlen knapp darunter.
Dass auch der Markt für Geschäftsimmobilien brummt, zeigt das Beispiel Barcelona. Schon immer sind in der katalanischen Regionalhauptstadt Büros im Dienstleistungssektor gefragt. Aber auch für Investitionen in Mietwohnungen ist Barcelona ein begehrtes Pflaster. Das erste Halbjahr 2022 schloss allerdings mit einem neuen Rekord. Insgesamt wurden 2,005 Milliarden Euro in Büros, Hotels, Mietwohnungen oder Ladenlokale investiert, wie die Immobilienberatungsgesellschaft CBRE berechnet hat. Damit übertrumpfte das erste Halbjahr 2022 sogar das Ergebnis von 2019 (1,085 Milliarden Euro) und von 2007 (1,568 Milliarden Euro).