EU-Klimabericht für Spanien sowie Europa: 2021 war ein Jahr der Extreme

Der europäische Klimawandeldienst Copernicus bestätigt nun, was viele, die an Spaniens Küste leben, erfahren: Das Wetter wird extremer. Hitzewellen wechseln sich mit sintflutartigen Regenfällen ab. Der Sommer 2021 war der heißeste, der bisher registriert wurde.
Wer an Spaniens Küste lebt, bekommt den Klimawandel am eigenen Leib zu spüren. Temperaturen im Sommer bis zu 40 Grad Celsius sind keine Seltenheit, genauso wie sintflutartige Regenfälle im Herbst und Frühjahr, die Hänge rutschen lassen, Straßen wegreißen und Ernten zerstören. Das satellitengestützte Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union, Copernicus – quasi Europas Auge für die Erde –, bestätigt, dass es sich bei den Wetter-Extremen nicht um Ausnahmen, sondern um stetig wiederkehrende Phänomene handelt, wie die jüngste Hitzewelle in Spanien schon im Mai bestätigt.
Diese Wetter-Episoden seien vor einigen Jahren noch „ungewöhnlich“ gewesen, sagte Mauro Facchini, Leiter des Copernicus-Projektes. Nun treten sie in Europa „immer häufiger“ auf. Die letzten zwölf Monate seien das beste Beispiel dafür. Facchini sprach von einem Jahr der Gegensätze mit Hitzewellen, Rekordtemperaturen an der Meeresoberfläche, Waldbränden, Überschwemmungen und ungewöhnlich niedrigen Windgeschwindigkeiten im Norden und ebenso ungewöhnlich starken Winden im Süden Europas. Die Menschen an Spaniens Mittelmeerküste werden sich an die sogenannten „Medicanes“, mediterrane Wirbelstürme, gewöhnen müssen. Zudem wird erwartet, dass der Wind im Sommer stärker und im Herbst schwächer wehen wird.
Klimawandel: Heißester Sommer 2021 seit Beginn der Aufzeichnungen
Europa und insbesondere der Südosten Spaniens haben vergangenes Jahr den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt, wie aus dem kürzlich erschienenen Jahresbericht des EU-Klimawandeldienstes Copernicus hervorgeht. Die Aufzeichnungen gehen bis 1979 zurück, wobei der Service auch Daten von Bodenstationen, Flugzeugen und Satelliten nutzt, die bis 1950 zurückreichen. Der Sommer war um ein Grad wärmer als der Durchschnitt der 30 Jahre zwischen 1991 und 2020. Wetterexperten bezeichnen den Anstieg von einem Grad als „ziemlich bedeutend“.
Extrem hohe Temperaturen herrschten im Juli und August im Mittelmeerraum. Am 11. August 2021 wurde auf Sizilien in Italien ein Wert von 48,8 Grad gemessen, der alle bisherigen Rekorde bricht. Auch die Region Murcia findet in dem Copernicus-Bericht Erwähnung: Am 15. August zeigten die Thermometer in Alcantarilla 47 Grad an, das ist nationaler Rekord. Das Ungewöhnliche: Die Wärme- und Trockenperiode in der Region Murcia dauerte bis Februar dieses Jahres an. Hinzu kamen noch ein extrem trockener Herbst und Winter. Der Dezember war nach Angaben des staatlichen Wetteramtes Aemet mit einer Durchschnittstemperatur von 11,7 Grad einer der wärmsten der letzten 61 Jahre. Das Fazit: Die Winter werden kürzer, die Sommer immer länger.
Klimawandel: Der Wind hat sich gedreht und nimmt im Norden Europas ab und im Süden zu
Auch die Meerestemperaturen stiegen auf Werte, die seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr erreicht wurden. Im Juni und Juli lagen die Meeresoberflächentemperaturen in einigen Gebieten der Ostsee um mehr als fünf Grad über dem Durchschnitt. Durch die sehr hohen Wassertemperaturen steigen große Wassermengen in die Atmosphäre auf und entladen sich als sintflutartige Regenfälle, die regelmäßig auch an der spanischen Levante-Küste niedergehen. Gleichzeitig steigt auch der Meeresspiegel durch das Schmelzen der Gletscher. Zwischen 2009 und 2021 wurde ein Anstieg von neun Zentimetern registriert. In der Region Murcia steigt der Spiegel seit 30 Jahren um ein bis zwei Millimeter pro Jahr.

Aus den Copernicus-Daten geht auch hervor, dass sich der Wind gedreht hat. Während in Nord- und Mitteleuropa die Windgeschwindigkeiten abnehmen, legen sie am Mittelmeerstreifen zu, vor allem im Südosten von Spanien. In Ländern wie Irland, Dänemark oder Deutschland, die auf die Erzeugung von Windenergie setzen, wurden die niedrigsten Werte seit 40 Jahren festgestellt. Zwischen Murcia und Málaga wurden dagegen die zehn höchsten Windgeschwindigkeiten des Jahres gemessen.
Klimawandel: Steigende Höchsttemperaturen und mehr tropische Nächte
Die Daten des Satelliten Copernicus verheißen nichts Gutes: Trotz aller Konferenzen, Vereinbarungen und Bekundungen, den Klimawandel aufzuhalten und die Emission von Treibhausgas zu reduzieren, sind die Kohlendioxid- und Methankonzentrationen im Jahr 2021 weltweit weiter angestiegen.
Eine Studie des spanischen Umweltministeriums über die Auswirkungen und Risiken des Klimawandels in Spanien bescheinigt dem Süden des Landes eine wenig rosige Zukunft. Sollte es nicht gelingen, den CO2-Ausstoß zu verringern, könnten die Höchsttemperaturen in den nächsten 80 Jahren um bis zu 6,4 Grad steigen. Es wird mehr tropische Nächte im Sommer geben mit einem Anstieg der Tiefsttemperaturen um bis zu 6,8 Grad.
Folgen des Klimawandels in Spanien und Europa: Landwirtschaft und Tourismus leiden
Weitere Folgen sind weniger Niederschläge, ein sinkender Grundwasserspiegel und Grundwasser, das mit Schadstoffen und einsickerndem Salzwasser verunreinigt ist. Länger andauernde Trockenperioden wechseln sich mit sintflutartigen Regenfällen ab, die zu einer Erosion des Bodens und einer Verwüstung führen.
Die tragenden Wirtschaftssäulen, Landwirtschaft und Tourismus, werden unter den Folgen eines immer extremeren Klimas zu leiden haben. Es wird nicht nur weniger Wasser für die Bewässerung zur Verfügung stehen. Obstbäume werden früher blühen, Weintrauben früher reifen, Zitrusfrüchte unter der fehlenden Kälte leiden und der Oliven- und Mandelbaumanbau zurückgehen. Betroffen ist auch die extensive Viehhaltung, weil es an Weideland mangeln wird.

Klimawandel in Spanien und Europa: Der „Europäische Monsun“
Ebenso wird sich der Tourismus anpassen müssen. Wegen der Hitzewellen könnten Urlauber die Küstenregionen am Mittelmeer meiden. Die Saison könnte sich verschieben, weg von den traditionellen Monaten Juli und August.
Der Klimawandel bringt auch sein eigenes Vokabular mit. „Rekord“, „historisch“ oder „noch nie dagewesen“ sind in dem Copernicus-Report 2021 zu lesen. Ob sie für die nächste Jahresbilanz noch ausreichen werden, um die Wetterphänomene zu beschreiben? Ein Ausdruck könnte hinzukommen. Italienische Wissenschaftler sprechen schon längst von einem „Europäischen Monsun“ mit ausgedehnter Regen- und Trockenzeit.