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Exodus der Krankenpfleger: Andalusiens öffentlichem Gesundheitswesen laufen die Mitarbeiter davon

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Von: Marco Schicker

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Eine Krankenschwester im Krankenhaus.
Andalusiens Krankenschwestern suchen das Weite. 1.200 Pflegende verließen in einem Jahr das öffentliche System. © Freepik

Rund 1.200 Krankenpfleger haben Andalusiens öffentliches Gesundheitswesen verlassen, in nur einem Jahr. Sie kritisieren, dass niedrige Löhne und prekäre Arbeitsbedingungen politische Absicht seien.

Sevilla - "Unsere Krankenpfleger sind auf der Flucht". 1.200 medizinische Fachkräfte, vor allem Pfleger, hätte das öffentliche Gesundheitswesen Andalusiens allein zwischen Juni 2021 und Juni 2022 verloren. So die Bilanz des CAE, der Rat der Gewerkschaften der Krankenfleger. Die meisten Abgänge verzeichnete danach die Provinz Sevilla mit 231, gefolgt von Cádiz mit 186, Málaga 181, je 167 in Jaén und Córdoba, 145 in Granada und 83 in Almería. Der Hauptgrund für die Abwanderungen seien "zu viele Überstunden", ungeregelte Arbeitszeiten, schlechte Aufstiegschancen, extrem hohe, emotional problematische Arbeitsbelastung. An erster Stelle aber stünde die schlechte Bezahlung, so CAE.

Baskenland und Katalonien: Wettbewerb der spanischen Regionen lockt Krankenpfleger aus Andalusien

Da das Gesundheitswesen Ländersache sei, habe sich ein regelrechter Wettbewerb um medizinisches Personal entwickelt, bei dem logischerweise reichere Regionen Vorteile hätten oder solche, die aus Einsicht in die Notwendigkeit ihren Pflegern bessere Gehälter zahlten als Andalusien. CAE-Chef José Miguel Carrasco rechnet vor, dass ein Krankenpfleger in Andalusien im Schnitt 19.000 Euro brutto im Jahr verdient. "Im Baskenland werden dem gleichen Pfleger bis zu 32.000 Euro gezahlt". Neben dieser seien Navarra und Katalonien die Regionen, die am meisten Pfleger aus Andalusien abwerben. Ins Ausland gingen nur wenige.

Demo vor dem Landtag in Sevilla.
Zigtausende protestierten am 19. Februar 2022 in ganz Andalusien gegen die Vernachlässigung des öffentlichen Gesundheitswesens durch die Landesregierung. © UGT

Carrasco unterstellt der Junta ziemlich offen, die "Verträge des Servicio Andaluz de Salud alles andere als attraktiv zu gestalten". Sie würden "prekär bezahlt, eine Überlastung vorprogrammieren und den Arbeitnehmern keine Stabilität anbieten". Es sei dann kein Wunder, dass der öffentliche Gesundheitssektor immer schlechter werde, Dienstleistungen an private Anbieter ausgelagert, aber mit öffentlichen Geldern bezahlt und Patienten zu eigentlich unnötigen Privatversicherungen gedrängt würden.

Private vor öffentliche Gesundheitsversorgung: Angebote der Landesregierung Andalusien nicht ausreichend

Die Sache habe System. Der CAE-Vertreter nannte die Lage im Land "einen expolsiven Cocktail", da die Zahl der öffentlichen Gesundheitsmitarbeiter pro Einwohner ohnehin schon eine der geringsten in ganz Europa sei. 25.000 weitere Mitarbeiter bräuchte Andalusien, um zum EU-Schnitt aufzuschließen. Für Carrasco stellen sich die Forderungen klar da: Mehr Geld, längerfristige Verträge, klare Arbeitszeit- und Aufstiegsregelungen, ausreichend Kompensationen für unvermeidbare Überstunden.

Von der Junta, der andalusischen Landesregierung kommen bisher nur stückweise kleinere Verbesserungen, wie ein Gehaltsplus von 11 Prozent für Nacht- und Feiertagsdienste oder eine Mindestvertragsdauer von sechs Monaten. Gleichzeitig behauptet ein Vertreter des Landesgesundheitsministeriums, dass "die andalusischen Krankenpfleger die mit den dritthöchsten Gehältern in Spanien" seien. Für CAE ist das eine "glatte Lüge". Doch nicht alle wollen gehen, die Verbände rufen zu erneuten Protesten für einen Erhalt des öffentlichen Gesundheitswesens in Andalusien auf.

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