Auf dem Papier eine gute Sache, doch auch in Spanien gibt es im Kampf gegen den Machismo noch einiges zu tun. „Ihr seid nymphomanische Huren, kommt aus euren Kaninchenlöchern, ich verspreche euch, ihr werdet alle ficken – auf geht’s Ahúja!“ – diese kultivierten Sprüche hallten vergangene Woche vom „Elite“-Studentenwohnheim Elías Ahúja in Madrid rüber zum Mädchenwohnheim Santa Mónica, bevor alle die Jalousien ihrer Fenster hochrissen, animalische Laute und „¡Vamos Ahúja!“-Rufe ausstießen – eine alteingesessene „Tradition“ in dem ausschließlich von jungen Männern bewohnten Colegio Mayor, in dem übrigens auch der Ex-Generalsekretär der Volkspartei, Pablo Casado, während seiner Studienzeit wohnte.
Videos der Macho-Performance kursierten kurz darauf im Internet – und das Entsetzen und der Aufschrei waren zumindest in weiten Teilen der Gesellschaft groß. Politiker aller Couleur und in ganz Spanien verurteilten die Gesänge des Colegio Mayor, außer Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso, die fand, dass viel „schlimmere Dinge“ passieren. Doch auch einige Bewohnerinnen von Santa Mónica konnten an den ihnen gewidmeten Gesängen nichts Schlimmes finden, das sei eben „Tradition“.
Erst eine Woche nach dem Vorfall – und wohl nur angesichts der hohen Wellen, die dieser geschlagen hat – baten die Bewohner des Colegio Mayor Elías Ahúja um Verzeihung. Es sei ein „schlechter Scherz“ gewesen, der „aus dem Ruder gelaufen“ sei, schrieben sie auf ihrer Webseite. Der Vorsänger wurde des Wohnheims verwiesen. Auf einem anderen Video aus Ahúja sind übrigens nicht nur Macho-Sprüche, sondern auch ein „Sieg Heil“ mit gestrecktem Arm festgehalten. Eine ganz feine Gesellschaft also, mit der sich jetzt die Staatsanwaltschaft in Spanien beschäftigt und prüft, ob ein Hassdelikt vorliegt.
„Was mich am meisten überrascht, ist, dass die Mädchen dieses Verhalten entschuldigen, natürlich nicht alle, aber viele fühlen sich davon nicht einmal beleidigt“, meint Marga Luján von Mujeres con Voz. In der Jugend von heute gebe es scheinbar keinen Mittelweg – „entweder sie sind überzeugte Feministen und Feministinnen, oder sie sind alle – Jungen und Mädchen – Machos“. Für Luján liegt die Lösung dennoch in der Erziehung. „Es müsste in Spanien ein Fach geben, in dem über die Macho-Gewalt gegen Frauen und auch über Feminismus gesprochen wird“, schlägt sie vor. „Damit die jungen Leute verstehen, dass der Feminismus nicht will, dass Frauen mehr sind als Männer, sein Ziel ist die Gleichheit.“
Die Schule Pérez de Guzmán in Ronda in Andalusien im Süden Spaniens reagierte jedenfalls mit einer weiteren Performance auf die Macho-Sprüche von Ahúja. „Nein, die Gewalt ist keine Tradition! Und es gibt keine Rechtfertigung! Mehr Respekt, weniger Brutalität! Mehr Respekt, weniger Machismo! Mehr Respekt, weniger Vulgarismus!“ rufen sie im Video aus den Fenstern ihrer Schule. Denn auch das ist zum Glück die Jugend von heute.