Wie es für Andalusien nicht anders sein kann, war Olivenöl der Hauptexportschlager, das ein Plus von 24,3 Prozent in den Kassen vor allem der Großhändler und Großproduzenten einbrachte. Diese Teuerung beim Olivenöl wurde fast 1:1 in den spanischen und europäischen Einzelhandel weitergegeben, wie der spanische Verbraucherschutz in einer Studie zur Teuerung bei Lebensmitteln in Spanien ermittelte, die auch durch die Mehrwertsteuersenkung nicht billiger wurden, auch wenn das die Politik jetzt „hofft“.
Dass die Provinz Almería, sonst neben Jaén in vielen Statistiken eher Schlusslicht, die Exportstatistik im Agrar-Bereich anführt, im Bereich Obst und Gemüse sogar einen Handelsanteil von 54 Prozent aufweist, hat indes weniger mit Olivenöl als mit der Massenproduktion von Gemüse unter Plastikplanen zu tun. Halb Europa, vor allem aber Deutschland, ernährt sich - sommers wie winters - mit Paprikas und Tomaten aus einer der trockensten Gegenden Europas, der als „Gemüsegarten Europas“ sozusagen zu Tode gefördert wurde. „Europa isst Spaniens Wasser auf“ ist ein Lamento der Wissenschaftler, das aber weder bei der Politik, noch bei Landwirten oder gar im Handel oder bei Konsumenten Gehör findet.
3,9 Milliarden Euro erwirtschaftete die Provinz Almería 2022 durch Exporte (Top 3: Tomaten, Paprika, Gurken), gefolgt von Sevilla, das neben Oliven, Baumwolle, Reis - Andalusien ist größter Reisproduzent Spaniens noch weit vor dem Paella-Land Valencia - und Orangen auch Weizen und Sonnenblumen anbaut und daher ein wenig von der Hektik im Zuge des Ukraine-Krieges profitierte. An dritter Stelle liegt Huelva, vor allem mit seinen Erdbeeren, die in und am ausgetrockneten „Feuchtgebiet“, dem Nationalpark Doñana, legal, illegal oder halblegal angebaut werden. Málaga landet auch nur deshalb auf Rang 4, weil hier viele Oliven aus Granada, Córdoba und Jaén eingesammelt, zu Öl gepresst und in Flaschen oder Tanklaster gefüllt werden.
Für Andalusien ist und bleibt Deutschland Agrar-Exportmarkt Nummer eins, 2,4 Milliarden Euro nahm man dort im Vorjahr ein, 11,1 Prozent mehr als 2021, gefolgt von Frankreich (1,8 Milliarden), Italien mit 1,5 Milliarden und einem Plus von fast 16 Prozent. Das Land, in dem genauso wie in Spanien die Zitronen und alles andere blüht, kauft mit Vorliebe billig spanisches Olivenöl auf, etikettiert es um und verkauft es für ein Vielfaches des Preises an die Deutschen mit ihrem Toskana-Fetisch. Kaum einer liest auf dem Etikett das kleingedruckte „mit Oliven aus der EU“, sondern zahlt mit Freuden für die Illusion von Apulien oder Firenze, obwohl das Öl eigentlich aus Jaén stammt und mindestens genauso gut ist wie der Ruf des italienischen.
Nach Deutschland und Italien folgt auf der Käuferliste der stabile Nachbar Portugal, in dem spanische Supermarktketten, voran Mercadona, immer höhere Marktanteile erreichen und ihre Lieferanten einfach mitbringen. Die Briten stehen zwar noch auf Rang 4, aber mit einem weiteren Brexit-Minus von über drei Prozent in der Statistik, lediglich der Sherry-Export bleibt stabil – und das seit 300 Jahren. Der US-Markt verzeichnet hingegen ein dickes Plus von 26 Prozent. Dank einiger durch die Biden-Regierung beseitigten Trump-Strafzölle stieg das Volumen 2022 wieder auf etwas über eine Milliarde Euro, ist aber noch nicht wieder auf früherem Niveau, weil mittlerweile südamerikanische Lieferanten in die spanische Bresche sprangen.
In der Provinz Málaga zeigt sich ein etwas anderes Bild, denn da sind die Deutschen nur auf Rang fünf der Handelspartner zu finden, hinter Frankreich, Italien, USA und Portugal. Agrarprodukte für 2,8 Milliarden exportierte die Provinz an der Costa del Sol 2022, ein Plus von 18 Prozent. Verkaufsschlager hier sind vor allem das Obst, zu dem auch die mit viel Wasser in der trockenen Axarquía gezogenen Avocados zählen, sowie Mangos und Weintrauben, einschließlich Rosinen aus den Moscatel-Trauben, die nach wie vor ein Renner in Europa sind, auch wenn kalifornische, südafrikanische und marokkanische Konkurrenzprodukte billiger den Weltmarkt überschwemmen.
Jährlich wiederkehrende Klagen an die EU, man möge den Import von dort stärker bezollen und kontrollieren, verklingen, da sich die Europäische Gemeinschaft diese Länder und Regionen nicht als Exportmärkte verderben will und sei es für deutsche Autos und Maschinen, die sozusagen von spanischen Orangenbauern durch die erzwungene Preiskämpfe „subventioniert“ werden. Über diesen Lobbyismus sollten vor allem jene mal nachdenken, die gerne dem „faulen“ Süden Europas Bettlermentalität in Brüssel vorwerfen.
Der Mangel an frischem Obst und Gemüse im Großbritannien und - Gott bewahre - womöglich auch bald in Deutschland, wurde von Inselministern auf die „Abschaltung“ von Gewächshäusern in Spanien wegen der hohen Energie- und Strompreise und daher Heizkosten geschoben. Das ist insofern blanker Unsinn, da die meisten Gewächshäuser gar nicht fremd- sondern sonnenbeheizt sind, daher sind ja die Plastikplanen darüber, durch die die Sonne scheint, das ist die Heizung, die niemand bezahlen muss. Dass all das mit Fehlkalkulationen bei Import-Bürokratie und fehlenden Transportkapazitäten oder Währungs-Verzockerei am Großmarkt und den Warenbörsen, also dem Brexit zu tun haben könnte, negieren die Verantwortlichen in Großbritannien natürlich. Der EU, in dem Falle Spanien, die Schuld am eigenen Versagen zu geben, bleibt die bevorzugte Strategie.
Tatsächlich gingen wegen des „ungüstigen Wetters“ und aus „zyklischen Gründen“ die Erträge der spanischen Winterernte 2022/2023 um rund 35 Prozent zurück, meldet die FEPEX, die „Federación española de asociaciones de productores exportadores de frutas, hortalizas, flores y plantas vivas“, ergänzt aber, dass die Produzenten das im Laufe des Frühjahres wieder aufholen werden, selbst unter den Planen wird manches eben nun später reif. Doch die schlechte Situation bei Wetter und Klima bringt die spanische Landwirtschaft, vor allem die kleinen Bauern in chronische Probleme. Verbände reden darüber nur ungern. Weniger Angebot erhöht den Preis und die spanischen Händler bevorzugen für den Export die EU-Länder wegen des Wegfalls einiger Tonnen Papierkram. Möglich also, dass die Briten deshalb vor leeren Gemüseregalen stehen, weil ihre Einkäufer zu „schottisch“ waren.
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