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Mieten in Spanien: Preise steigen extrem - Der Trend geht zur Zimmervermietung

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Von: Thomas Liebelt

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Ein Streifen Meer mit einer Insel zwischen zwei Wohngebäuden.
In Spanien eine Wohnung zu mieten, wird immer teurer. © David Revenga

In Spanien wird es immer schwieriger, zur Miete zu wohnen: Es gibt kaum Wohnungen, und die wenigen vorhandenen sind extrem teuer. Die Preise steigen 2023 erneut an, Experten sprechen von einer Blase, die sich schon seit Jahren aufbläht.

Madrid - Wer in Spanien eine Wohnung zur Miete sucht, hat doppelt Pech: Erstens werden zu wenige angeboten, zweitens werden die wenigen, die es gibt, immer teurer. „Das Jahr der teuersten Mieten“ titelte die Zeitung „El País“ zu einem Bericht über die Entwicklung auf dem Mietmarkt 2022. Und 2023 scheint sich der Trend ungebremst fortzusetzen. Unterdessen treibt der Mietmarkt in Spanien immer seltsamere Blüten: die Zimmer-Vermietung ist der neue Trend.

Mieten in Spanien: Preise steigen auf über 11 Euro pro Quadratmeter

Eine offizielle Statistik über Mieten in Spanien gibt es nicht. So stützt man sich notgedrungen auf Daten von Immobilienportalen wie Fotocasa oder Idealista. Bei den dort genannten Preisen handelt es sich allerdings nur um Angebote. Dennoch bietet sich ein Überblick, ob und wo Mieten für Wohnungen und Häuser steigen oder fallen. Bei Fotocasa hat sich für Dezember 2022 eine Durchschnittsmiete von 11,03 Euro pro Quadratmeter ergeben – der höchste Wert seit Beginn der Statistik 2006. Idealista kommt sogar auf einen noch höheren Durchschnittswert: 11,4 Euro. Das liegt nur knapp unter dem bisherigen Höchstwert von 11,5 Euro von September 2020 und bedeutet immerhin den teuersten Dezember seit 17 Jahren. Mit dem Dezember-Durchschnittswert würde eine 80-Quadratmeter-Wohnung 900 Euro Miete kosten.

Die Welle extremer Mieterhöhungen betrifft inzwischen ganz Spanien und besonders die Peripherie. Héctor Simón, Inhaber des Unesco-Lehrstuhls für Wohnungswesen an der Universität Rovira i Virgili in Tarragona spricht denn auch von „einer Mieten-Blase“. Diese blähe sich seit 2016 „aufgrund einer fehlgeleiteten Wohnungspolitik“ auf, sagte Simón gegenüber „El País“. Es sei nicht geschafft worden, ein Gleichgewicht herzustellen unter den verschiedenen Modellen, eine Wohnung zu haben. Auch habe man nicht dafür gesorgt, besonders jungen Leute und vulnerablen Familien Zugang zum Mietmarkt zu verschaffen.

Mieten in Spanien: Preise für Wohnungen sind in Málaga und Alicante am meisten gestiegen

Málaga und Alicante sind die beiden Städte, in denen nach Fotocasa die Mieten für Wohnungen im vergangenen Jahr am stärksten gestiegen sind. In Málaga sogar um 31,1 Prozent, an der Costa del Sol sind auch die Kaufpreise für Immobilien extrem gestiegen. In Alicante waren es plus 27,5 Prozent. Palma mit 22,9 und Valencia mit 21,3 Prozent folgten. Zu den Top Ten bei den Preissteigerungen für Mietwohnungen in Spanien zählen noch Santa Cruz de Tenerife (17,8 Prozent), Barcelona (16,2 Prozent), Ávila (15,1 Prozent), Granada (14,2 Prozent), Madrid (12,5 Prozent) und Ourense (12,5 Prozent).

Diese teils riesigen Sprünge bei den Mieten für Wohnungen betrafen im vergangenen Jahr allerdings nicht die Mieter in Spanien mit einem laufenden Vertrag. Im März 2022 hatte die Regierung als Reaktion auf die Energiekrise und die Inflation die jährliche Aktualisierung auf zwei Prozent begrenzt, was jetzt auch noch für das gesamte Jahr 2023 gilt. Für Wohnungssuchende auf dem Mietmarkt könnte diese Entscheidung aber einen zusätzlichen Nachteil bedeuten.

Mieten in Spanien: Preise steigen trotz Zwei-Prozent-Limit

Wie Antonio Carroza, Präsident des Immobilienunternehmens Alquiler Seguro, das rund 20.000 Mietverhältnisse in ganz Spanien vermittelt, berichtet, hat das Zwei-Prozent-Limit dazu geführt, dass neue Mietverträge überdurchschnittlich teuer geworden seien. „Wer eine Wohnung vermietet, erhöht den Preis gleich um zehn Prozent, weil er es später nicht mehr kann“, sagt Carozza. Auch die mögliche Deckelung der Mieten in Zusammenhang mit dem neuen Wohnungsgesetz könnte seiner Meinung nach dazu geführt haben, dass Vermieter jetzt noch einmal kräftig zulangen.

Auch interessant: Wo Ausländer in Spanien Immobilien kaufen.

Das teuerste Pflaster, um in Spanien zur Miete zu wohnen, ist nach Daten von Fotocasa und Idealista die Provinz Barcelona mit im Schnitt 19,3 Euro pro Quadratmeter. Es folgt die baskische Provinz Gipúzkoa mit 16,3 Euro, die Region Madrid mit 16,2 Euro und die baskische Provinz Biskaya mit 13,3 Euro. Teuer sind die Mieten ferner in folgenden Provinzen und Regionen: Balearen (12,9 Euro pro Quadratmeter), Málaga (12,0 Euro), Valencia (11,3 Euro), Girona (11,1 Euro), Las Palmas (10,9 Euro), Cádiz (10,7 Euro), Sevilla (10,6 Euro) und Navarra (10,0 Euro). Am billigsten sind die Mieten in der Provinz Zamora mit 5,6 Euro pro Quadratmeter.

Warum steigen die Mieten in Spanien so extrem? Eigentümer setzen auf Kurzzeit-Vermietung

Die Preisexplosion der Mieten in Spanien hat für Xavi Perramon, Immobilienagent in Barcelona, mehrere Gründe. „Es gibt Faktoren, die dafür sorgen, dass das Angebot schrumpft, andere Faktoren sorgen dafür, dass die Preise steigen“, sagt Pergamon gegen „El País“. In Barcelona sei das besonders spürbar gewesen, als das Verfassungsgericht die von der Regionalregierung verfügte Mietendeckelung gekippt habe. „Auch haben wir es zunehmend mit Vermietern zu tun“, sagte der Agent, „die nur noch auf Kurzzeit-Vermietung machen und nicht mehr auf Langzeit-Vermietung.“

Wie auch immer: Entspannung auf dem spanischen Mietmarkt ist zumindest kurzfristig nicht in Sicht. Im Januar stiegen die Mieten in Spanien im Vergleich zu Dezember im Schnitt um 1,5 Prozent. Unterdessen macht sich auf dem Mietmarkt in Spanien notgedrungener Weise ein neuer Trend breit: Weil es mittlerweile zum Luxus geworden ist, eine ganze Wohnung zu mieten, beschränkt man sich nunmehr auf ein Zimmer. Doch auch hier steigen die Preise. Konnte man vor Kurzem für 600 Euro noch eine ganze Wohnung mieten, wird das jetzt oftmals schon für ein Schlafzimmer verlangt. Wer mit Bekannten eine Wohngemeinschaft bildet, hat unter Umständen noch Glück.

Mieten in Spanien: Wohnungen werden zimmerweise vermietet

Ansonsten muss man sich die Wohnung mit drei oder vier Unbekannten teilen. Die Miete für ein Schlafzimmer ist im vergangenen Jahr um 20,8 Prozent gestiegen, hat Fotocasa festgestellt. Seit 2015 betrage der Anstieg 66,2 Prozent, heißt es. Im Schnitt koste ein Zimmer in Spanien 440 Euro im Monat. In Barcelona zahlen Mieter für ein Zimmer im Schnitt 575 Euro im Monat, in Madrid 527 Euro. Auf einschlägigen Immobilienportalen sind aber auch schon Angebote über 2.800 Euro pro Zimmer im Monat in Barcelona zu finden. Und in Madrid für 2.000 Euro. Für die Vermieter lohnt sich die Sache. Mehrere Zimmer zu vermieten ergibt eine höhere Mietrendite als die Vermietung der ganzen Wohnung.

Auch rechtlich sind Vermieter in diesem Fall besser gestellt. Bei der Vermietung einer ganzen Wohnung greift das Städtische Mietgesetz (Ley de Arrendamientos Urbanos). Die Zimmervermietung aber unterliegt dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Código Civil). Das wiederum beruht auf dem Grundsatz des beiderseitigen freien Willens. Doch von freiem Willen kann auf Mieterseite bei der aktuellen Marktentwicklung in Spanien wohl kaum die Rede sein.

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