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Kampf ums Wasser: Proteste gegen legalisierten Wasser-Diebstahl in Andalusiens Nationalpark Doñana

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Von: Marco Schicker

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Umwelt-Demo in Sevilla.
Tausende demonstrieren in Sevilla gegen den von der Landeseregierung legaliseirten Wasser-Diebstahl im Naturpark Doñana. © Ecologistas en Acción

„Heute Erdbeeren, morgen Durst“ - Tausende Menschen, daruntera auch Erdbeerbauern, folgten dem Aufruf der Plattform „Salvemos Doñana“ - Retten wir Doñana - zu einer Demonstration durch Sevilla. Der Protestmarsch richtet sich gegen den legalisierten Raubbau am Wasser des berühmten Nationalparks.

Sevilla/Huelva - Die eigentlich illegal bewässerten Plantagen für Erdbeeren in der Pufferzone des Naturparks Doñana in der Provinz Huelva beeinträchtigen massiv auch den Wasserhaushalt der Kernzone des gleichnamigen Nationalparks, einst größtes Feuchtgebiet Europas. Trotz rechtlicher Bedenken, Einsprüchen der Regierung in Madrid sowie einer Klagedrohung der Europäischen Kommission, haben die regierende Volkspartei (PP) sowie die rechtspopulistische Vox das Gesetzesvorhaben zur „Modifizierung der Bewässerung“ von rund 1.600 Hektar in und um den Naturpark auf den Weg gebracht, wenn es auch bis nach den Kommunalwahlen in Spanien am 28. Mai auf Eis gelegt wurde.

Demonstranten in Sevilla für den Nationalpark Doñana
„Heute Erdbeeren, morgen Durst“. Eine rabenschwarze Zukunft sehen diese Demonstranten in Sevilla für den Nationalpark Doñana. © Plataforma Salvemos Doñana.

Im Kern geht es darum, die jahrzehntelange illegale Um- und Ableitung sowie den nicht erlaubten Brunnenbau für Erdbeerplantagen rückwirkend zu legalisieren und den „Tätern“ künftig eine legale Wasserzufuhr zu ermöglichen. Die Landesregierung spricht von einer Regulierung, die den Wasserhaushalt des Nationalparks nicht beeinträchtige. Das wurde sowohl von Umweltschützern, der Parkaufsicht selbst sowie Experten des Umweltministeriums widerlegt.

„Retten wir Doñana“ 200 Gruppen gegen weitere Bewässerung am Nationalpark

Am Protestmarsch in Sevilla am Sonntag, 14. Mai, an dem nach Veranstalterangaben „über 3.000“ Menschen, laut Polizei um die 2.000 teilgenommen haben und der symbolisch am Gebäude des Parlamentes Andalusiens endete, nahmen erstmals auch Bauernverbände teil. Jene nämlich, in denen die legal agierenden Erdbeerbauern und andere Landwirte aus dem für die landwirtschaftliche Nutzung zugelassenen Umland des Naturparks Doñana organisiert sind. Sie fürchten zum Einen, dass die knapper werdenden Wasserressourcen nun auf viel mehr Betriebe verteilt werden, sie also weniger Wasser zugeteilt bekommen und sie fürchten, dass der Ruf der „Erdbeeren aus Huelva“, einem der größten Exportschlager der westlichen andalusischen Provinz, dauerhaft Schaden nehmen und als Synoym für die bereits reale Austrocknung von Doñana gelten könnte. Ein großer Teil der Erdbeeren aus Huelva geht auch nach Deutschland und den Rest Nordeuropas. Die Handelsketten behaupten, sie würden nur legal produzierte Erdbeeren verkaufen. Laut Umweltgruppen wird die Herkunft aber durch Zwischenhändler und Verkaufsgemeinschaften oft verschleiert.

Fotos von der Demo in Sevilla am Sonntag (Twitter/WWF):

Die Plattform „Salvemos Doñana“, der 200 Gruppen und Vereine angehören, darunter die vier größten Umweltschutzverbände Spaniens, Ecologistas en Acción, WWF, Seo/BirdLife und Greenpeace, versucht zusätzlich mit Unterschriftenaktionen das Gesetz zu stoppen. Es sei „eine Schande, dass zwei Parteien in Andalusien, nicht nur den Niedergang von Doñana nicht verhindern, sondern ihn noch beschleunigen“, erklärte Ecologistas en Acción. Man könne in Einzelfällen über eine Eingliederung von kleinen Familienbetrieben mit einigen Hektar ins Bewässerungssytem reden, wo es praktikabel sei, was die Landesregierung aber vorhabe, ist auch die Zulassung von industriellen Produzenten mit hunderten Hektar.

„Hydrologischer Selbstmord“: Landesregierung Andalusien unterstützt Hotels, Häuser und Golfplatz unweit von Naturpark

Ausgetrockneter Nationalpark Doñana in Spanien.
Das ist alles, was von der einstigen 45-Hektar-Süßwasser-Lagune Santa Olalla im Nationalpark Doñana geblieben ist. © Estación Biológica de Doñana/CSIC

„Wenn wir mit dem hydrologischen Selbstmord weitermachen, wird der Naturpark verschwinden, der Wasserspiegel wird sinken, das Wasser wird versalzen, wie es schon an mehreren Punkten geschieht. Wir beobachten bereits, dass immer mehr Arten des Naturparkes abwandern oder aussterben. Und auch für die Bauern wird es eng, wenn es nämlich bald kein Wasser für die Bewässerung mehr gibt“, so der WWF..

Die Vereinigung der Landwirte Puerta de Doñana sieht „das Weltkulturerbe in einer extremen Notlage, die sich durch die Gesetzeinitiative von PP und Vox noch verschlimmert“. Die Landesregierung würde „die Bauern betrügen, in dem sie ihnen vorgaukelt es gebe genügend Wasser zu verteilen“. Was geschehen wird, ist die „Verwüstung des Naturparks“, was eine Kettenreaktion auslöse, die auch die Landwirte im Umfeld des Parks zu spüren bekommen werden.

Podemos bei Demo in Sevilla.
Auch politische Parteien, hier Podemos, nutzten die Demo für den Nationalpark Doñana in Sevilla, für Auftritte. Es ist Wahlkampf in Spanien. © Podemos Andalucía

Die Plattform fordert, dass sich die Landesregierung an den sogenannten „‘Plan de la Fresa“, den Erdbeerplan halte, der die Bewässerung am nördlichen Waldgürtel des Naturparks regelt, „mit wissenschaftlichem, fachlichem und sozialem Konsens“. Außerdem fordern die Demonstranten die Regierung in Madrid auf, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2021, das einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht in Bezug auf die Sicherung des Habitats im Naturpark festgestellt hat, anzuwenden. Der Nationalpark (der innere Teil unter Verantwortung des Staates steht) könne nicht überleben, wenn der (drumherum befindliche) Naturpark (in Verantwotung des Landes Andalusien) zerstört werde. Es brauche ein Machtwort und mehr Kontrollen.

Für besondere Wut unter den Demonstranten sorgte die Nachricht, dass die Landesregierung Andalusiens gerade einem Projekt, das einen Golfplatz, 300 Häuser und mehrere Hotels in unmittelbarer Nachbarschaft zum Naturpark grünes Licht hinsichtlich eines Gutachtens der Wasserversorgung gegeben hat und das obwohl Andalusiens Ministerpräsident ab Herbst 2023 die Rationierung von Trinkwasser angekündigt hat. Zwar steht die Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes sowie des Umweltministeriums in Madrid noch aus, doch die Provokation wurde von den Demonstranten verstanden.

Zum Thema: Jahrhundert-Dürre in Spanien: „Die Ernte ist praktisch vernichtet“.

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