Update, 21. April, 13.23 Uhr: Spaniens Premier Pedro Sánchez zeigte sich bei einem Rundgang durch Borodianka, einem lange von russischen Truppen besetzten und umkämpften Vorort von Kiew, der heute wieder in ukrainischer Hand ist, „tief bewegt und entsetzt über den Horror durch Putins Krieg“. Spanien „werde das ukrainische Volk nicht alleine lassen.“ Beim Rundgang wurde Sánchez von seiner dänischen Amtskollegin Mette Frederiksen begleitet. Beide treffen derzeit mit dem ukrainischen Präsidenten zusammen. Später gibt es eine gemeinsame Pressekonferenz.
Erstmeldung, 21. April, 10.00 Uhr: Madrid/Kiew - Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez ist am Donnerstagmorgen, 21. April, in der Ukraine eingetroffen. Nach Angaben aus der Moncloa war er am Morgen gemeinsam mit der Premierministerin Dänemarks, Mette Frederiksen, auf der Fahrt nach Kiew. Geplant war ein Treffen mit dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, sowie im Anschluss eine gemeinsame Pressekonferenz der drei. Ob auch der Besuch von Schauplätzen des Krieges und von russischen Kriegsverbrechen vorgesehen ist, wie beim vorherigen Besuch von Ursulua von der Leyen und Josep Borrell in Butscha, blieb offen. Aktualisierung folgt.
Auch wenn die Kanzlei des spanischen Regierungschefs aus Sicherheitsgründen zunächst keine Details verlauten ließ, werden die beiden ab der polnischen Grenze wahrscheinlich in einem Zug reisen, so wie zuvor bereits viele EU-Regierungschefs und weitere europäische Spitzenpolitiker. Auf einem ersten offiziellen Foto und Video zeigten sich Sánchez und Frederiksen gemeinsam mit der ukrainischen Vizeregierungschefin Olga Stefanishina an einem nicht näher benannten Ort in Kiew und mit schusssicheren Westen.
Die Reise des spanischen Premiers nach Kiew, wo nach einigen Tagen Ruhe zuletzt wieder vermehrt russische Bombardements registriert wurden, ist zunächst eine Geste der Solidarität mit der Ukraine, von der sich Selenskyj - der kürzlich per Videozuschaltung auch im spanischen Parlament sprach - aber auch konkret weitere Hilfszusagen versprechen dürfte, vor allem geht es ihm um Waffenlieferungen, deren Zusagen in den letzten Wochen allerdings deutlich diskreter gehandhabt werden als noch zum Auftakt des Überfalls der Russen auf die Ukraine. Auch Spanien hatte, nach kurzem Zögern, direkte Waffenlieferungen in die Ukraine genehmigt.
Die Maxime der Ukraine wie auch deren westlicher Verbündeter lautet, dass es ohne Frieden keine dauerhaften Friedenslösungen geben kann. Frieden wiederum bedeute aber nicht Kapitulation, wie sie auch von vielen Putin-Hörigen im Westen gefordert wird, sondern eine Beendigung der Invasion der Russen und deren Abzug. Durch Krieg erzwungene Gebietsverschiebungen wollen weder der Westen noch die Ukraine anerkennen. Täte man das einmal, müsste man das immer wieder, Putins Wahn - der klassisch imperialistischer Natur ist - wäre damit Tür und Tor geöffnet. Meldungen, wonach Russland der Ukraine ein umfangreiches „Friedensangebot“ vorgelegt habe, dementierte Kiew, das signalisierte, dass man zumindest über die Frage einer Neutralität gegenüber der NATO reden könne - wenn die Russen abziehen.
Video: Dramatische Lage in der Ostukraine
Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez reist in einer dramatischen Phase in die Ukraine, in der der Krieg eine neue Eskalationsstufe erreicht. Zum einen beginnt in der Ostukraine gerade eine Großoffensive der zuvor schwer gedemütigten russischen Truppen, mit dem Ziel, den Donbass unter vollständige russische Kontrolle zu stellen und - über das belagerte Mariupol, das heute von tschetschenischen Hilfstruppen Putins endgültig platt gemacht wird - eine Landbrücke zur 2014 völkerrechtswidrig besetzten Halbinsel Krim und damit vollendete Tatsachen zu schaffen. Für Kiew wäre das eine völlig inakzeptabele "Lösung", Präsident Selenskyj will "keinen Meter Ukraine" aufgeben.
Nach ungefähren Schätzungen unabhängiger Beobachter wie Ärzte ohne Grenzen und Amnesty International starben seit dem 24. Februar 2020 im Krieg Russlands gegen die Ukraine auf beiden Seiten insgesamt rund 30.000 Menschen, darunter etwa 15.000 russische Militärs, 5.000 - 6.500 ukrainische Zivilisten, dabei knapp 1.000 Kinder - ausschließlich auf ukrainischer Seite. Andere Angaben sprechen allein von 15.000 Toten nur in Mariupol, von wo derzeit aber keine unabhängige oder auch nur irgendeine Berichterstattung möglich ist.
Einen Tag vor seiner Reise in die Ukraine besuchte Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez, der für seine Ukraine-Politik ausnahmsweise auf breite Unterstützung auch der politischen Opposition in Spanien zählen kann - am Mittwoch noch das Aufnahmezentrum für ukrainische Kriegsflüchtlinge in Málaga im Kongresszentrum Palacio de Ferias y Congresos. Das Centro de Recepción, Atención y Derivación, kurz Creade, ist nach Madrid, Barcelona und Alicante das vierte seiner Art in Spanien und seit einigen Wochen in Betrieb.
Bis 17. April hat die Nationalpolizei hier 4.500 sogenannte kurzzeitige Schutzvisa erteilt, die den Begünstigten aus der Ukraine neben dem Niederlassungs- auch ein Arbeitsrecht in Spanien gewähren, das zunächst ein Jahr gültig ist. Im Zentrum werden alle bürokratischen Vorgänge gebündelt, aber auch sanitäre Dienste geboten oder Wohnungen vermittelt. Mehr als 250 Malagueños hätten bisher Wohnraum zur Verfügung gestellt.
Regierungschef Sánchez erklärte die „umfassende Verpflichtung der Institutionen und Menschen Spaniens, den vom Krieg betroffenen Ukrainern zu helfen. Sie sollen sich bei uns zuhause fühlen“. 134.000 Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet seien in Spanien bisher angekommen, 64.000 davon hätten bereits die Papiere für Aufenthalt und Arbeit. Es handele sich, so der Premier, vor allem um Frauen und Kinder, das Durchschnittsalter liege bei 28 Jahren. Málagas Bürgermeister, Fernando de la Torre, erklärte sich „stolz“ über die „beispielhafte Aufnahmebereitschaft“ seiner Bürger und der Menschen in ganz Andalusien. Migrationsminister José Luis Escrivá ergänzte, dass es seiner Behörde darauf ankomme, den Menschen, die aus lebensgefährlicher Lage kommen, „Sicherheit und Verlässlichkeit“ zu vermitteln.
Zum Thema: „Wir aus der Ukraine“ Eine Reportage über Kriegsflüchtlinge in Spanien.