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Spanien knipst das Licht aus: Energiesparplan tritt Dienstag in Kraft

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Von: Stephan Kippes

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Zwei Frauen gehen an einem unbeleuchteten Schaufenster vorbei,
Spanien schränkt die Beleuchtung von Schaufenstern und die Klimatisierung von Lokalen ein. © Isabel Infantes/dpa

Mit einer Reihe von Maßnahmen will Spanien das Energiesparziel der EU erreichen. Für Geschäftsleute hat das weitreichende Konsequenzen.

Madrid – Spanien macht Ernst mit dem Energiesparen: Fast alle öffentlichen Gebäude vom Kaufhaus bis zum Kino, vom Flughafen bis zum Bahnhof und von der Sporthalle bis zur Oper dürfen ab 9. August mit ihren Klimaanlagen das Ambiente nicht unter 27 Grad im Sommer abkühlen und die Räumlichkeiten im Winter auch nicht mehr über 19 Grad heizen. Türen dürfen nicht offenstehen, damit kühle oder warme Luft nicht entweicht. Die Beleuchtung von Schaufenstern, Büros und Monumenten geht um 22 Uhr aus.

Energiesparplan in Spanien: Maßnahmen zum Energiesparen gelten ab 9. August

Dieses Maßnahmenpaket bleibt bis 1. November 2023 in Kraft und soll den Vereinbarungen des Notfallplans der EU gerecht werden: Die Einschränkungen sind nicht für alle Geschäftsleute leicht umzusetzen und werden einiges an Geld kosten. So müssen zum Beispiel zahlreiche Geschäfte bis 30. September ihre Eingangstüren durch solche ersetzen, die sich automatisch öffnen und schließen. Ganze Gebäude müssen ihre Heiz- und Klimaanlagen an die neuen Auflagen anpassen. Die Regierung will dafür Subventionen in Höhe von 100 Millionen Euro freigeben.

An Klagen mangelt es nicht. Die Gastronomieverbände in heißeren Regionen, wie etwa Sevilla, bemängeln, dass bei solchen Auflagen die örtlichen Unterschiede nicht berücksichtigt werden. Gerade im Süden Spaniens würden viele Gäste sich schon bei der Reservierung nach einer kühlen Raumtemperatur erkundigen. Gäste an der Theke kleinerer Bars in wärmeren Gefilden würden im Dunst der Fritteuse und von den Motoren der Kühlaggregate in ihrem eigenen Schweiß gegart. Im Winter könnte sich bei 19 Grad ein Kunde in einem Massagesalon womöglich eine Erkältung holen.

Wobei es Ausnahmen gibt und geben muss, etwa in Krankenhäusern und Apotheken, aber auch in Friseursalons, Hotelzimmern, Transportmitteln, Sportstudios und Fortbildungszentren. Und die Stadt Vigo kann sich ganz Spanien ohne Weihnachtsbeleuchtung gar nicht vorstellen. Der Bürgermeister Abel Ramón Caballero ist mit einem eigenen Energiesparplan vorgeprescht, damit die Stadt weiterhin mit elf Millionen LED-Lichtern für Weihnachtsstimmung sorgen kann – allerdings mit verkürzter Zeitspanne.

Wie zu erwarten, will die Region Madrid die Vorgaben der Regierung von Pedro Sánchez prinzipiell nicht umsetzen. „In Madrid geht das Licht nicht aus. Das führt nur zu Unsicherheit, Konsumrückgang und verschreckt die Touristen“, meint Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso (Volkspartei, PP) und hält Madrid weiter auf Frontaloppositionskurs. Doch Gesetz ist Gesetz, und selbst die restliche PP hält den Ball flach, schließlich hat Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo vor wenigen Tagen einen Energiesparplan gefordert. Der Tenor in der Opposition: es handelt sich um unumgängliche und vernünftige Maßnahmen, die man selbst im Detail natürlich besser gemacht hätte. Einige Regionen haben bereits mit der Umsetzung begonnen, in Valencia etwa geht die Beleuchtung der Ciudad des las Artes y Sciencias und anderer Monumente bereits um 22 Uhr aus.

Energiesparplan in Spanien: „Es ist an der Zeit, solidarisch zu sein“

„Es ist an der Zeit, solidarisch zu sein“, betonte Ministerin Teresa Ribera. Die Regierung hat die „dringenden Maßnahmen“ zur Einsparung und effizienteren Nutzung von Energie wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beschlossen. Spanien will so die Vereinbarungen des europäischen Notfallplans erfüllen und den Gaskonsum um sieben Prozent reduzieren. Jedes Grad Celsius, das ein Geschäft einsparen könne, würde den Energieverbrauch um sieben Prozent senken, behauptet die Energieministerin.

Neben Verpflichtungen für Wirtschaft und Industrie gibt es auch Empfehlungen der Regierung für Bürger. Die Privatwirtschaft rief Ribera auf, das Arbeiten im Homeoffice zu verstärken.

Ferner sollen die Überprüfung der Energieeffizienz von bestimmten Gebäuden vorgezogen, die Eigenstromproduktion erleichtert und die Renovierung von Altbauten unter energieeffizienten Gesichtspunkten mit 100 Millionen Euro gefördert werden. Von September bis Dezember subventioniert die Regierung Pendlern ihre Boni für Nah- und Regionalverkehrszüge sowie einige Hochgeschwindigkeitszüge zu 50 Prozent. Die Eisenbahngesellschaft Renfe will ab Montag auf ihrer Internetseite eine Rubrik einrichten, über die Pendler diese Ermäßigungen beantragen können.

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