1. Costa Nachrichten
  2. Spanien
  3. Politik und Wirtschaft

Wer in Spanien alles Familie ist - Kindergeld, freie Tage und Hilfen neu geregelt

Erstellt:

Von: Stephan Kippes

Kommentare

Junger Vater mit Kind.
Spanien will den neuen Familienformen Rechnung tragen. © Mascha Brichta

Das traditionelle Familienbild und die soziale Realität klaffen oft weit auseinander. Mit dem Familiengesetz bringt Spanien die Diversität wieder unter einen Hut.

Madrid – Die traditionelle Vorstellung einer Familie und die soziale Realität klaffen seit geraumer Zeit in Spanien auseinander. „Zu oft haben wir von Müttern und Vätern erwartet, dass sie Superheldinnen und Superhelden sind und alles schaffen müssen, ohne dass eine Familienpolitik sie unterstützt. Das muss sich ändern“, so Sozialministerin Ione Belarra (Unidas Podemos).

Familien in Spanien: Vereinbarkeit Beruf und Familie als Leitfaden für neues Familiengesetz

Dieser Diversität und ihren verschiedenen Formen des Zusammenlebens versucht Spanien auch mit dem Familiengesetz Rechnung zu tragen, das sich in eine ganze Reihe von Sozialgesetzen wie das Abtreibungsrecht oder das Transsexuellen-Recht. Der Ministerrat hat den Entwurf für die Ley de Familias in zweiter Lesung verabschiedet. Das Gesetz muss nun noch durchs Parlament und kann einige Änderungen erfahren, aber in den Grundzügen steht es. Da ist vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu nennen.

Konkret stellt der Gesetzgeber alleinerziehende Mütter oder Väter mit zwei Kindern gleich mit Großfamilien. Diese Regelung allein soll 300.000 Haushalte betreffen. Ferner soll das Gesetz die Pflege von Familienangehörigen erleichtern. Außerdem soll der Kreis für das Kindergeld von 100 Euro pro Monat und Zögling bis zum dritten Lebensjahr für arbeitende Frauen ausgedehnt werden. Allerdings, mit ihrer Forderung nach einem universellen Kindergeld konnte Belarra sich nicht durchsetzen, immerhin haben künftig auch arbeitslose Frauen einen Anspruch darauf.

Familien in Spanien: Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden

„Die Institutionen müssen Personen begleiten, schützen und unterstützen, damit sie die Familien gründen können, die sie möchten und mit wem sie möchten. Wir wollen ein Land mit freieren und glücklicheren Menschen sein“, sagte Belarra. Die staatliche Unterstützung von Familien unterscheidet zwischen zwei Oberkategorien, allgemein und speziell, etwa Alleinerziehende mit zwei Kindern und geringem Einkommen oder Familien mit vier und mehr Kindern. Ferner richtet sich die Hilfe an Kinder unter 21 Jahren, im Falle von Ausbildung und Studium bis 26 Jahre. Einen Unterschied zwischen verheirateten und nicht verheirateten, aber registrierten Paaren gibt es nicht mehr. Auch parejas de hecho stehen zum Zeitpunkt ihrer Eintragung 15 freie Tage zur Verfügung.

Im Einklang mit der EU sollen im Arbeitsrecht mögliche Freistellungen vom Dienst von ein bis fünf Tagen verankert werden, falls Familienmitglieder nach Operationen der Pflege bedürfen. Wer zur Beisetzung eines Familienangehörigen in eine andere Region reisen muss, dem stehen zwei freie Tage zur Verfügung. Ferner können Mütter und Väter eine Elternzeit von sechs in diesem Jahr und acht Wochen ab 2024 bis zum achten Lebensjahr des Kindes beanspruchen.

Der Gesetzgeber schiebt auch dem Veto-Recht der Eltern einen Riegel vor was den Zugang ihrer Kinder zu bestimmten Unterrichtsthemen betrifft, bei denen sie für die verschiedenen Formen des Zusammenlebens sensibilisiert werden. Mutet selbstverständlich an, aber die Region Murcia führte auf Druck von Vox das Veto-Recht für Eltern tatsächlich einige Monate im Schuljahr 2019/20 ein im Zuge der Kampagnen ultrakonservativer Gruppen wie Hazteoir gegen Transsexuelle oder homosexuelle Familien.

Elf besondere Familienmodelle führt der Entwurf nun auf, darunter: alleinerziehende Eltern, von sozialer Ausgrenzung bedrohte Familien mit Minderjährigen, Großfamilien, Familien mit Behinderten, Familien mit Mitgliedern aus dem LGTBI-Kollektiv, (Groß-) Familien mit eigenen und mit Adoptiv- und/oder Pflegekindern, Familien mit Kindern aus vorherigen Beziehungen, Familien in ländlichen Regionen, Familien aus Kollektiven mit besonderen Bedürfnissen wie etwa mit/unter Häftlingen, Familien mit Mitgliedern im Ausland und rückkehrende Gastarbeiterfamilien.

Auch interessant

Kommentare