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So spart Spanien Gas für die EU: 20 Tipps, die jeder leicht befolgen kann

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Von: Stephan Kippes

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Gasflamme in einer Küche
Spanien will den Gaskonsum senken. Die Bürger sollen dabei helfen. © Patrick Pleul/dpa

Spanien verliert keine Zeit beim Gassparen. Die Regierung gibt 20 Tipps, wie jeder Bürger seinen Beitrag zum Sparziel leisten kann. Auch für die Wirtschaft gibt es Pläne. 

Madrid – Jetzt will Spanien Gas sparen und aus Solidarität mit der EU den Konsum von Erdgas um sieben Prozent senken. Energieministerin Teresa Ribera spricht nach dem Treffen der Energieminister der EU von „Sparen aus Solidarität“ und „ohne Angst im Hinblick auf den Winter“. Die ersten 20 Empfehlungen, die das Energieministerium nun veröffentlicht hat, appellieren an einen verantwortungsvollen Konsum. Man könnte sagen, Spanien stemmt sich mit einer Ladung „positiver Energie“ der Energiekrise entgegen.

Spanien spart Gas: Regierung gibt 20 Energiespar-Tipps heraus

Gründe gibt es dafür schon. Die Gasreserven in Spanien sind zu 75 Prozent gefüllt, mit Regasifizierungsanlagen verfügt Spanien über Speichermöglichkeiten, und, wenn auch aufgrund fehlender Leitungen eingeschränkten, Transportmöglichkeiten. Spanien kann Gas in die EU-Länder liefern, in denen es aufgrund der Abhängigkeit zu Russland knapp werden könnte.

Hoffnung macht auch, dass sich eine Normalisierung der angespannten Beziehungen mit Algerien abzeichnet, fast sieben Wochen nach dem Aussetzen des „Abkommens über Freundschaft und Kooperation“, mit der Algerien auf den überraschend wirkenden Schwenk Spaniens in der Westsahara-Politik auf die Linie Marokkos reagierte. Am Donnerstag hat der Verband der Banken Algeriens darauf verzichtet, alle finanzielle Operationen mit Spanien einzufrieren. Dies könnte ein erster, wichtiger Schritt zurück zu normalen Handelsbeziehungen mit dem einst so wichtigen Erdgaslieferanten von Spanien sein.

Spanien schwächt Gasnotfallplan der EU ab: 1,7 Milliarden Kubikmeter sollen gespart werden

Bei der Tagung des Europäischen Energierats konnten Spanien, Portugal und andere Staaten den von der EU-Kommission ursprünglich vorgeschlagenen Gasnotfall-Plan abschwächen. Nun bleibt es vorerst bei einem freiwilligen Einsparziel von 15 Prozent von August bis März. Das Einsparziel kann aber um acht Prozentpunkte gesenkt werden, wenn die heimische Infrastruktur auch dazu dient, Erdgas oder Flüssiggas in andere Mitgliedsländer zu transportieren. Von August bis März hat Spanien einen Gasverbrauch von etwa 22,9 Milliarden Kubikmeter. Demnach müsste Spanien 1,7 Milliarden Kubikmeter einsparen. Machbar, meint Madrid.

Gas wird in Spanien zu rund 60 Prozent von Wirtschaft und Industrie und zu 40 Prozent in Haushalten verbraucht. Die Empfehlungen der Regierung drehen sich generell um einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie, da ja Gas auch zur Stromproduktion verwendet wird. 20 Empfehlungen gibt das Energieministerium mit. Nichts davon ist neu. „Ich glaube, unsere Eltern können sich an das gut erinnern“, meint Energieministerin Ribera und spielt damit auf die Generation an, die nach dem Bürgerkrieg und in der Diktatur aufgewachsen ist. Nun soll also die Sparsamkeit den Bürgern erneut in Fleisch und Blut übergehen.

So spart Spanien Gas: 20 Tipps zum Energiesparen

Die Regierung meint, die beste Lampe ist die Sonne und deren Licht sollte man nutzen. Wenn es finster wird, sollten in den Haushalten LED- und Energiesparbirnen für die Beleuchtung sorgen. Tagsüber, wenn es draußen heiß ist, sollten die Jalousien und Persianas runter und die Fensterläden zugemacht werden.

Lieber den Ventilator anwerfen als die Klimaanlage einschalten. Wohnung oder Haus sollten in den frühen Morgenstunden durchgelüftet werden. Klimaanlagen sollten auf 27 Grad laufen und das mit gereinigten Filtern. Lieber eine kurze kühle Dusche als ein langes Bad. Treppensteigen kommt besser als Aufzugfahren.

Spanien gibt Tipps zum Gas-Sparen: Kopf benutzen, langsam fahren

Warme Lebensmittel gehören nicht in den Kühlschrank. Kopf einschalten bevor man den Kühlschrank aufmacht, schnell herausnehmen, was man braucht und Tür zu. Die Waschmaschine wird angeworfen, wenn sie voll ist und sollte bei niedriger Temperatur waschen. Die Wäsche an der Luft trocknen und nicht im Trockner. Der Geschirrspüler sollte auch nur gut gefüllt laufen und im Energiesparprogramm. Man sollte den Stand-by-Stromverbrauch vermeiden und nachts oder wenn man nicht zu Hause ist, Elektrogeräte vom Netz nehmen. Neue Elektrogeräte nur mit hoher Energiesparstufe wie „A“ oder „+++“ kaufen.

Das Auto nur nutzen, wenn es unvermeidbar ist. Nicht schneller als 100 Kilometer pro Stunde fahren. Öffentliche und alternative Transportmöglichkeiten nutzen. Im Homeoffice bleiben, wann immer es geht. Einkaufen in den Geschäften vor Ort und nicht im Internet, um Versand und Transport zu reduzieren.

„Ich glaube, diese Empfehlungen erfordern von uns eine Anstrengung, aber keine Opfer. Diese Empfehlungen sind nicht nur vernünftig, sondern in gewisser Weise tragen sie dazu bei, solidarisch zu sein und an den öffentlichen Entscheidungen teilzuhaben,“ meint Ribera.

So spart Spanien Gas: Sparplan für öffentliche Verwaltungen und Wirtschaft in Arbeit

Neben den Ratschlägen arbeitet das Energieministerium auch an einem Strategieplan, der die Energiepolitik im Hinblick auf die Solidarität mit Europa ausrichtet. Dieser Plan soll sowohl Regionen und Kommunen einbeziehen, als auch Wirtschaft und Industrie. Wieder setzt Madrid bei Energiesparen und Energieeffizienz an, im Blick sind die Organisation der Arbeitszeiten, Beleuchtung und Klimatisierung. Fördermittel aus dem nationalen Energiespar-Fonds sollen die Umsetzung schmackhaft machen. Vor allem, wenn es um Maßnahmen geht, um die mittel- und langfristigen Ziele anzugehen, den Austausch von Wärmepumpen, den Einsatz von Biogas und den Ersatz von Gas bei der Stromproduktion. Derzeit denkt Ribera aber nicht an eine Rückkehr zur Kohle oder an eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken.

Robert Habeck und Teresa Ribera bei EU-Treffen der Energieminister
Der Gasverbrauch in der EU muss runter. Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht mit Spaniens Energieministerin Teresa Ribera. © Virginia Mayo/dpa

Was die europäische Energiepolitik anbelangt, bleibt Spaniens Energieministerin ihrer Linie treu und versucht weiterhin, Brüssel zu überzeugen, dass Spanien einen wesentlich höheren Beitrag zur Gasversorgung in der EU mit einer Erhöhung des Angebots leisten könnte als über eine Senkung des Verbrauchs.

Ribera verweist auf „die fundamentale Rolle, die Spanien als Eingangstor für Flüssiggas spielen könnte“. In seinen Häfen verfüge das Land allein über 30 Prozent der Regasifizierungskapazitäten von ganz Europa. Bei der Sitzung des Europäischen Energierats schlug Ribera vor, den Erdgas-Durchfluss durch die beiden bestehenden Röhren in Larraun in Navarra und Irún im Baskenland nach Frankreich zu erhöhen. Die maximale Kapazität liegt bei 6,7 Milliarden Kubikmeter im Jahr. Wenig im Vergleich zu den 45 Milliarden Kubikmeter an russischem Gas, das in den nächsten acht Monaten ersetzt werden müsste – aber immerhin. Eine zweite Möglichkeit ist die Inbetriebnahme eines siebten Flüssiggas-Terminals, das sich im Hafen von Gijón befindet. Über sechs Terminals in verschiedenen Häfen verfügt Spanien bereits. Bis die Regasifizierungsanlage funktionsbereit wäre, würden sechs Monate vergehen. Die Anlage hätte eine Flüssiggas-Speicherkapazität von acht Milliarden Kubikmetern.

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