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Fremder im Bett: Hausbesetzung in Spanien - 16.500 Okupa-Fälle in einem Jahr

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Von: Stephan Kippes

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Ein besetztes Hazs im Hafenviertel von Valencia
Haus im Hafenviertel Valencia, das besetzt wurde. © EFE

Eine Hausbesetzung kann ein Albtraum sein: Man kommt ins eigene Haus nicht rein, alles wird zerstört und man kriegt die Eindringlinge nicht mehr raus. Doch die Realität sieht oft anders aus.

Madrid - Allein die Vorstellung jagt vielen einen Schauer über den Rücken, ähnlich wie die Duschszene im Hitchcock-Horror Psycho. Man kommt in sein Heim und ein Fremder hat sich darin eingenistet und will nicht mehr gehen. 16.726 Hausbesetzungen hat das Innenministerium in Spanien registriert – allein die Zahl, dürfte bei vielen Ausländern und Ferienhausbesitzern die Alarmglocken schrillen lassen. Doch es ist bei weitem nicht so schlimm, wie es scheint.

Hausbesetzung in Spanien - Innenministerium erfasst 16.500 Fälle in einem Jahr

Haus-oder Wohnungsbesetzungen sind in Spanien rückläufig, und zwar um 3,2 Prozent im Vergleich zum Rekordwert von 17.274 aus dem Vorjahr. Von einer Trendwende lässt sich nicht sprechen, da die Besetzungen seit 2016 kontinuierlich und prägnant angestiegen sind. Vor sechs Jahren legte das Innenministerium in seiner Kriminalitätsstatistik 9.918 polizeibekannte Fälle vor. Doch nicht alle Hausbesetzungen sind gleich.

Auch ging die Polizei zuletzt insbesondere in Barcelona gezielt gegen Hausbesetzer und die Mafias vor, die Blöcke mit Okupas in Beschlag nahmen und in Drogenumschlagsplätze verwandelten, mit fatalen Folgen für ganze Straßenzüge. Auch soziale Maßnahmen einiger Kommunen setzten bei den Ursachen des Phänomens an und die liegen oft in sozialer Not.

Hausbesetzungen in Spanien: DIe große Mehrzahl besetzt leerstehende Wohnungen im Bankbesitz

Bei vielen Hausbesetzern in Spanien handelt es sich keineswegs um Anarchisten oder Systemgegner, sondern um mittellose Familien. Und bei vielen besetzten Objekten nicht um das mit Mühe und Not finanzierte Eigenheim, sondern um seit der geplatzten Immobilienblase leerstehende Wohnungen, die im Besitz von Banken und Holdings sind.

Man muss zwei Arten von Hausbesetzung unterscheiden, die der Gesetzgeber verschieden verfolgt, aber in den Kriminalitätsstatistiken in einen Topf wirft. Einmal die Usurpation leerstehender Immobilien, die sich im Besitz von Banken und Investmentfonds befinden. Darauf steht eine Maximalstrafe von sechs Monaten. Anders sieht es aus mit dem Hausfriedensbruch – allanamiento de morada genannt – , worunter auch die Besetzung privater Wohnsitze fällt, auf die bis zu zwei Jahre Haft steht. Das kommt seltener vor, zieht aber verständlicherweise größeren sozialen Unmut auf sich.

Hausbesetzungen in Spanien: Die meisten Fälle kommen in Katalonien vor

Wegen Hausfriedensbruchs liegen der Staatsanwaltschaft 83 Anklageschriften vor, allerdings aus dem Jahr 2021, da das vergangene Jahr noch nicht erfasst wurde. Demgegenüber stehen 9.739 eingeleitete Verfahren wegen Usurpation. Das Nationale Institut für Statistik führt ebenfalls für das Jahr 2021 231 Verurteilungen wegen Hausfriedensbruchs auf. Dieser Zahl stehen 4.300 Urteilssprüche wegen Usurpation gegenüber. Nicht in die Statistiken fallen Initiativen, die andere Lösungswege als den über die Polizei verfolgen – von einem Freikauf der beschlagnahmten Immobilie bis hin zu Dienstleistern wie Desokupa oder die Bildung von Bürgerplattformen. Unabhängig davon drängt die Generalstaatsanwaltschaft stark auf eine schnellere juristische Lösung der Okupa-Fälle. Dies hat zu einem Handlungsprotokoll für die Polizei bei diesen Vergehen geführt.

Katalonien gilt traditionell in Spanien als ein Mekka für Okupas. Knapp über 7.000 Fälle registrierten die Behörden dort vergangenes Jahr. Dann folgt Andalusien mit 2.500 Fällen. In Madrid erfasste die Polizei 1.500. Die Tendenz ist in fast allen Regionen rückläufig, nicht aber in Valencia. Dort schnellt die Zahl der Hausbesetzungen vergangenes Jahr um 13,7 Prozent auf 2.024 Fälle hoch.

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