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Immobilienpreise in Spanien: Wo es noch viel Haus für wenig Geld gibt

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Von: Stephan Kippes

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Blick aus einer Baustelle auf die Costa Blanca.
Auch an der Costa Blanca wird wieder gebaut. Die Nachfrage nach Immobilien in Spanien ist seit Corona stark gestiegen. © Ángel García

Die Immobilienbranche kann sich nicht beklagen. Die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen an der Küste können Makler seit Corona kaum befriedigen. Vor allem Ausländer kommen.

Alicante/Málaga – Nach Gründen zum Klagen müssen viele Geschäftsleute in Spanien nicht lange suchen: Der Krieg in der Ukraine, Lieferengpässe, Inflation, Energiekosten, Corona-Pandemie. Also, Krisenstimmung herrscht in vielen Sektoren der Wirtschaft. Nicht aber auf dem spanischen Immobilienmarkt. Der Makler Jan Hannemann von Su Casita hat keinen Grund Trübsal zu blasen, sein Terminkalender ist seit Ende Mai 2021 voll, seine Firma „Su Casita“ steht von Vera bis Gandía an der Costa Blanca im Geschäft und es läuft wie in den besten Zeiten der 25-jährigen Unternehmensgeschichte. „Wie das weitergeht, kann ich nicht sagen. Mit der Pandemie sind Prognosen schwierig geworden. Ich kann nur sagen, bis Ende Mai habe ich schwer zu tun.“

Aufschwung in der Immobilienbranche in Spanien: Neue Käufer an Costa Blanca

Bei einem Spaziergang am Wochenende durch Dénias Straßen trifft man auf spanische und ausländische Leute und Familien aller Gesellschaftsschichten und Altersgruppen. Das tief verankerte, stereotype Bild vom arbeitenden Spanier und dem europäischen Ruheständler an der Costa Blanca trifft die Realität längst nicht mehr.

„Die Käuferschicht ist jünger geworden. Früher waren das Leute Ende 50, die sich ein Ferienhaus mit Blick auf den Ruhestand gekauft und bis dahin zeitweise selbst genutzt und vermietet haben. Die gibt es noch, aber zu denen sind Pendler dazugekommen, jüngere Familien, die ein Ferienhaus suchen und viele Leute, die eine Immobilie als eine Investmentanlage kaufen, um sie zu vermieten,“ stellt er fest.

Jüngsten europäischen Vergleichsstudien zufolge muss man in Spanien und auch in Italien bei weitem nicht so lange Anlauf nehmen wie in anderen europäischen Ländern, um ins Eigenheim springen zu können. Der Quadratmeterpreis liegt hierzulande im Schnitt bei 1.825 Euro, in Deutschland dagegen bei 3.304, Stand April 2022. „Man bekommt hier noch viel Haus für wenig Geld,“ meint Jan Hannemann.

Ferienhaus-Boom Costa Blanca: Nicht nur wirtschaftliche Gründe sprechen für Haus in Spanien

Nun hat man in der Marina Alta im Norden der Costa Blanca das Meer und sicherlich die Berge vor der Nase, aber am Tegernsee trübt ein Quadratmeterpreis jenseits der 9.000 Euro das Panorama. Ist lapidar dahingesagt, denn hinter der Entwicklung stecken mehr als nur wirtschaftliche Gründe. Ein Haus ist auch ein Heim. Die Pandemie, die Politik, der Immobilienmarkt und die Arbeitsbedingungen zählen nach den Erfahrungen von Andreas Schaich von Immobilien Schaich in Dénia bei vielen Neuankömmlingen zu den Motiven für den Umzug nach Spanien. „Da sind viele Leute darunter, die sich niemals hätten vorstellen können, dauerhaft nach Spanien zu ziehen. Und für viele entpuppt sich das jetzt als eine Verbesserung ihrer Lebensqualität“, sagt Andreas Schaich.

Blick auf das Las-Rotas-Viertel in Dénia.
Dénia ist einer der attraktivsten Wohnorte an der Costa Blanca, im Blick das Viertel Las-Rotas - das Sahnehäubchen der Stadt. © Ángel García

Geschäftlich spricht Andreas Schaich von „einer natürlichen Auslese. Jetzt ist jeder, der kommt, ein potenzieller Käufer. Vorher war das so, dass wir vielleicht bei 20 Prozent der Kunden, die wir betreut haben, einen Abschluss erzielt haben und 80 Prozent wieder gegangen sind. Das Verhältnis hat sich komplett umgekehrt. Die Unentschlossenen und Ängstlichen sind weg.“

Immobilienmarkt in Spanien: An fast jedem fünften Hauskauf ist ein Ausländer beteiligt

Bei fast jeder fünften Immobilientransaktionen in Spanien – sei es nun Kauf oder Verkauf – hat in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 ein Ausländer mitgemischt. Der Generalrat der Notare beziffert den Anteil auf 18,6 Prozent, was einer Steigerung von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum und etwa den Anteilen der Jahre 2012 bis 2019 entspricht. Wie üblich, liegen die Briten vorne mit 11,8 Prozent, dann kommen die Deutschen mit 10,4 Prozent gefolgt von den Franzosen mit 8,3 Prozent. Interessant sind die Zuwächse gegenüber dem Vorjahreszeitraum, der von der Coronavirus-Pandemie geprägt war: Holländer mit 104,1 Prozent, Iren mit 99,3 Prozent, Deutsche: 84,9 Prozent.

Der Optimismus am spanischen Immobilienmarkt kommt nicht von ungefähr. Vergangenes Jahr wurden 565.000 Immobilientransaktionen bei einer Preissteigerung von 6,4 Prozent getätigt, so viele wie seit 2007 kurz vor dem Platzen der Immobilienblase nicht mehr, aber weit weg von der aberwitzigen Bilanz von 955.000 aus dem Rekordjahr 2006. Von einem Bauboom in Spanien kann keine Rede sein. Eigentlich ist das Gegenteil der Fall, der Markt lechzt vor allem an der Costa Blanca nach Neubauten, die nicht kommen wollen.

Nun dämpfen die Banken die Euphorie bereits. Bankinter etwa prognostiziert für dieses Jahr noch 500.000 Transaktionen und einen Anstieg von zwei Prozent in Spanien. Die in der Pandemie angehäuften Ersparnisse der Haushalte schrumpfen etwas, die Inflation macht sich bemerkbar und die Finanzierung dürfte sich bei einer absehbaren Erhöhung der Zinsen erschweren. All das nimmt der Entwicklung ein wenig den Wind aus den Segeln. In unsicheren Zeiten aber bleibt eine Immobilie eine stabile und attraktive Wertanlage – vor allem, wenn man zum Wertzuwachs noch Einnahmen aus Vermietung dazurechnen kann.

Immobilienmarkt Costa Blanca: Die Preise werden weiter anziehen

„Die Preise ziehen weiter an, meiner Meinung nach befinden wir uns jetzt im unteren Drittel. Sie werden nicht mehr so schnell, sondern eher stabil und solide ansteigen. Und das ist sehr positiv für Spanien“, meint Andreas Schaich. Einen Rückzug von Deutschen kann er nicht mehr feststellen. „Viele wollten ja verkaufen und haben ihre Meinung geändert, als die Frage aufkam, was sie denn mit den 300.000 Euro in Deutschland machen wollen“, meint er. Eine gleichwertige Immobilie bekommt man in Alemania nicht, eine vernünftige Anlageform auch nicht. Während in Deutschland die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren stark stiegen, blieben die Mieten dort relativ stabil, in Spanien nicht. So lässt sich hier mit der Vermietung eine günstigere Rendite erzielen als in Deutschland. „Da macht es für viele keinen Sinn mehr, ihre Immobilie in Spanien zu verkaufen.“

Weniger die Nachfrage, sondern vielmehr das Angebot bereitet dem Sektor Kopfzerbrechen. Das Bauen wird schwieriger und teurer. Die Kosten für Material und Energie steigen, die Lieferengpässe und die Folgen des Kriegs in der Ukraine machen sich bemerkbar. „Neubauten werden in der Regel zu einem Festpreis verkauft. Vom Planungsbeginn bis zur Fertigstellung vergehen aber oft eineinhalb Jahre. Zuletzt sind die Kosten so stark gestiegen, – bei Holz und Metall waren es 30 Prozent – , dass viele Bauträger schon nach drei Monaten keinen Gewinn mehr machen für das verkaufte Objekt. Viele von denen schleppen noch Altlasten in Form von Verbindlichkeiten aus der Finanzkrise mit sich herum. Da könnten einige umkippen“, meint Schaich. Das bremst die Baulust.

Blick auf eine Ferienhaussiedlung in Spanien.
Eine typische Siedlung mit Ferienhäusern an der spanischen Mittelmeerküste. © Ángel García

In den Metropolen und attraktiven Regionen findet man ohnehin kaum noch Neubauten, selbst Bestandsimmobilien machen sich rar. „Die Zahl von Neubauwohnungen ist lächerlich gering, und das ist ein Riesenproblem. Wir haben konstante und bedeutende Nachfrage, aber kein Angebot, also gehen wir auf die Bestandsimmobilien und heizen den Markt auch noch an“, sagte der Wirtschaftsprofessor Gonzalo Bernardos jüngst bei der Vorstellung des Jahresberichts von Engels & Völkers. Man schätzt den Bedarf an Neubauten in Spanien auf 120.000 bis 150.000 pro Jahr, erfasst wurden vergangenes Jahr 71.000. Immobilien aus zweiter Hand weisen bereits eine knapp höhere Teuerungsrate als Neubauten in Spanien auf. Die Gefahr, dass eine neue Immobilienblase herbeispekuliert wird, hält Bernardos in Spanien angesichts der stabilen Entwicklung nicht für sehr groß. Etwas argwöhnisch blicken einige Experten aber auf Hotspots mit einer rasanten Preisentwicklung wie etwa Madrid, Málaga und Palma.

Auch an der Costa Blanca spürt man den Preistrend nach oben. Ein Ferienhaus mit Garten konnte man vor einigen Jahren in dem bei Deutschsprachigen sehr beliebten Dorf Els Poblets (Alicante) für 250.000 Euro kaufen, jetzt liegen die Preise doch meist jenseits der 300.000 Euro. Bei Bauland liegen die Zuwächse noch höher. „Alles was fertig war, ist weggekauft. Die Nachfrage reißt nicht ab, es muss nachgebaut werden. Das heißt aber, man wird gezwungen vom Plan zu kaufen. Für viele Deutsche ist das ungewohnt, sich ein Haus oder eine Wohnung vorzustellen, wo jetzt nur ein Fähnchen steht. Deutsche wollen am liebsten in dem Haus drinnen stehen, das sie kaufen möchten. Skandinavier haben damit kein Problem“, meint Hannemann.

Immobilienmarkt Spanien: Die Baubranche konzentriert sich auf den Luxustourismus

Das meiste Potenzial sieht er in Moraira, Jávea und Dénia – aber gerade in der Kreisstadt der Marina Alta finden Käufer keine Neubauten mehr. „Das größte Baugebiet ist die Sierra Cortina oberhalb von Benidorm, dort geht es ab 400.000 Euro los.“ Etwas günstiger kommt es an der südlichen Costa Blanca, in Torrevieja und Orihuela Costa. „Alles südlich von Cartagena bis Vera ist noch billig.“

Die Inseln üben einen großen Reiz auf ausländische Immobilienkäufer aus. Vorneweg die Balearen und Mallorca mit 34,3 Prozent aller ausländischen Immobilienkäufe, gefolgt von den Kanaren mit 23,6 Prozent. Dann erst taucht in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres die Region Valencia mit 19,7 Prozent auf, Murcia mit 17,4 Prozent, Andalusien mit 11,3 und Katalonien mit elf Prozent. Dieses Panorama könnte sich aber verschieben. Legt man in den Regionen Valencia und Andalusien den Fokus auf die touristischen Provinzen, sieht man, dass Alicante an der Costa Blanca sich mit 33,5 Prozent und Málaga an der Costa del Sol sich mit 26,5 Prozent sich an die Fersen der Balearen heften. An der Costa Blanca spricht man bereits vom Phänomen der „Mallorca-Rückkehrer“. „Bei den Balearen ist man halt immer auf ein Flugzeug oder auf die Fähre angewiesen. Seit der Coronakrise und den Reisebeschränkungen suchen viele Ausländer nach Immobilien, die mit dem Auto erreichbar sind.“, sagt Hannemann.

Mallorca setzt sehr erfolgreich auf Luxustourismus und bei Quadratmeterpreisen von 3.319 Euro – mehr als in Madrid – wird das mehr Luxus, als mancher braucht. „Auf Mallorca muss man für einen Gebrauchtbau 600.000 Euro, für einen Neubau 800.000 hinlegen, hier bekommt man das Gleiche für 200.000 bis 350.000 Euro – in Deutschland muss man etwa 500.000 Euro dafür rechnen“, meint Jan Hannemann. Auch bei Andreas Schaich klopfen längst Makler aus Mallorca an, weil es ihre Kunden aufs Festland zieht. Eine Entwicklung, von der allem Dénia, aber auch Jávea und mit Abstrichen Moraira profitieren. „Ich sag immer, Dénia ist eine Perle, die viele noch nicht erkannt haben. Früher war das eine Rentnerstadt, heute ist es eine attraktive und interessante Stadt. Das Einstiegsalter unserer Kunden liegt bei 40 Jahren, der Hafen hat sich toll entwickelt, die Gastronomie hat einen hervorragenden Ruf, und das ist ein großer Pluspunkt.“

Neben Mallorca und Marbella boomt der Luxustourismus seit drei bis vier Jahren auch an der Costa Blanca, vor allem im Portitxol in Jávea, in Las Rotas in Dénia, aber auch in Moraira und an der Küste von Benissa. An einem Wochenende spazieren viele Touristen am Las-Rotas-Strand entlang und staunen über einige der modernen Paläste mit ihren geschwungenen Linien, die auf Grundstücken in Bestlage entstanden sind, auf denen vor einigen Jahren noch traditionelle Sommervillen standen. Da hat man Millionenwerte vor Augen. „Alles im Bau hat sich momentan dem Luxussektor zugewandt. Der Preis spielt eigentlich keine Rolle mehr, weil es immer jemanden gibt, der bereit ist, für exklusive Objekte in erster Strandlinie noch mehr zu bezahlen“, meint Andreas Schaich.

Die Magnetwirkung vieler touristischer Städte entlang der Küste erfasst keineswegs alle ausländischen Käufer. Laut dem Immobilienportal Idealista liegen etwas, aber auch nicht allzu weit von der Küste entfernte Orte im Trend ausländischer Käufer, Idealista zufolge vorneweg die Ciudad Quesada, Polop und Busot in der Provinz Alicante, gefolgt von Palma de Gandia in Valencia, Ojén in Málaga, Formentera del Segura (Alicante) sowie die Orte Viñuela und Almogía in Málaga.

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