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Hier isst die Inflation nicht mit: Spanien will Preise für Grundnahrungsmittel deckeln

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Von: Stephan Kippes

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Eine aufgeschnittene Wassermelone in Spanien.
Luxusgut Wassermelone? In Spanien wurde der Preis der saftigen Frucht zum Frust-Indikator der Inflation 2022. © Pixabay

Eine Auswahl billiger Grundnahrungsmittel will Arbeitsministerin Yolanda Díaz den Supermarktketten abringen. Die Maßnahme gegen Inflation stößt auf Widerstand.

Madrid – Die Inflation jenseits der zehn Prozent drückt vor allem Personen und Haushalten in Spanien aufs Gemüt, die nur auf geringes Einkommen und wenig Rücklagen zurückgreifen können. Arbeitsministerin Yolanda Díaz will ihnen mit einer Deckelung der Preise für Grundnahrungsmittel entgegenkommen und hat Sondierungsgespräche mit Supermärkten begonnen.

Billige Grundnahrungsmittel in Spaniens Supermärkten: Carrefour startet am Montag

Der umstrittene Vorstoß stieß bei der französischen Supermarktkette Carrefour auf offene Ohren, die am Montag ein Grundnahrungsmittelpaket ins Sortiment aufnimmt, in dem 30 Produkte liegen – wie Nudeln, Konserven, Öl oder Kaffee –, die für 30 Euro angeboten werden. „Die derzeitige Situation erfordert rasche und wirksame Maßnahmen,“ meinte der Carrefour-Chef für Spanien, Alexandre de Palmas. Die Aktion läuft bis 8. Januar.

Der Arbeitgeberverband CEOE hielt den Vorschlag für „sowjetisch“ und die konservative Volkspartei für nicht vereinbar mit der freien Marktwirtschaft. Also, weder Politik noch Wirtschaft haben diese Maßnahme gegen Inflation von Díaz und Verbraucherminister Alberto Garzón – beide von der Linkspartei Podemos - mit großer Begeisterung aufgenommen. Auch innerhalb der Regierung von Pedro Sánchez beäugte man die neue Aktion der Linken für billige Grundnahrungsmittel mit Misstrauen.

„Der Geldbeutel der Spanier ist Angelegenheit der ganzen Regierung“, meinte Verteidigungsministerin Margarita Robles (PSOE). Landwirtschaftsminister Luis Planas (PSOE) verwies auf das europäischem Recht, das Preisinterventionen nur auf regulierten Märkten zulasse und Parlamentssprecher Patxi López befürchtete Nachteile für den kleinen Einzelhandel.  Auch andere Regierungsmitglieder hielten Yolanda Díaz vor, weit über ihre Kompetenzen als Arbeitsministerin hinauszuschießen.

Billige Grundnahrungsmittel in Spanien: Maßnahme kein Eingriff in freien Markt

Die Arbeitsministerin sucht bisher eher den Dialog mit den Supermärkten und erklärte denn auch, nicht von Interventionen, sondern von Vereinbarungen gesprochen zu haben. „Wir bemühen uns darum, dass die großen Einzelhandelsketten sich auf eine Art Einkaufskorb für Lebensmittel einigen, den sich das ganze Land leisten kann“, sagt Díaz.

Die beiden Politiker hoffen, dass Carrefour – immerhin die zweitgrößte Einzelhandelskette in Spanien – mit dieser Aktion die Mitbewerber mitreißt. In der kommenden Woche führen die Politiker diese Gesprächsrunde fort mit anderen Supermärkten, Vertretern von Mercadona, Lidl, Spar, El Corte Inglés, Alcampo und Eroski,. Auch Verbraucherschutzverbände wie OCU sollen eingebunden werden, die sich bisher allerdings eher für Lebensmittelgutscheine oder die Mehrwertsteuer-Befreiung für Grundnahrungsmittel starkmachen.

Der Warenkorb soll Woche für Woche 20 bis 30 verschiedene Produkte enthalten, darunter auch Frischwaren wie Fleisch, Fisch, Obst und Gemüse. Vor allem Verbraucherminister Garzón macht sich für „ausgewogene Ernährung“ auch bei dieser Aktion stark. Direkt eingreifen in das Angebot oder gar die Preise diktieren, das haben die beiden Politiker nicht vor. Wohl aber schwebt ihnen eine Obergrenze für das Gesamtpaket vor, ähnlich wie beim Gas oder Benzin. „Die großen Ketten können diesbezüglich eine Anstrengung unternehmen und solche Einkaufskörbe für Verbraucher zusammenstellen und wir haben bereits von einigen Angeboten gehört, die zeigen, dass dies möglich ist“, meinte Verbraucherminister Alberto Garzón.

Dieser Lebensmittelkorb dürfe auch keinesfalls zulasten der Erzeuger gehen. Der Kleinbauernverband union de los pequeños agricultores konterte das Vorhaben mit ihrer Forderung nach „gerechten Preisen bei der Erzeugung und im Verkauf“, hielt es für wirkungsvoller, das „Gesetz zur Lebensmittelkette“ anzuwenden und eine „transparente Preisbildung für Produkte“ zu fördern.

Bei der Aktion hat Arbeitsministerin Díaz wohl auch beim Nachbarn Frankreich abgeschaut, wo Carrefour und die Regierung sich bereits auf ähnliche Aktionen geeinigt haben, wie etwa die Preise für 100 Produkte des täglichen Bedarfs für 100 Tage einzufrieren oder eben erwähnten Lebensmittelkorb mit 30 Produkten für 30 Tage im Juli anzubieten. Es gab auch schon eine Sonderaktion mit 200 französischen Produkten zu einem Festpreis und man hat in Frankreich darüber debattiert, Sonderverkäufe wie etwa den Schlussverkauf auf die Lebensmittelbranche auszuweiten. Dabei stieß man auf den Widerstand der Erzeuger.

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