1. Costa Nachrichten
  2. Spanien
  3. Politik und Wirtschaft

Keine Absolution für Spaniens Kirche: Sexueller Missbrauch wird untersucht

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Stephan Kippes

Kommentare

Missbrauchs-Opfer vor dem Parlament in Spanien
Miguel Hurtado wurde in einem Kloster missbraucht. Nun setzt er sich gegen die Straflosigkeit ein © Manu Fernandez/dpa

Sexueller Missbrauch von Kindern in Spaniens Kirchen wurde lange totgeschwiegen. Jetzt will das Parlament die Fälle aufarbeiten, die Kirche aber nicht.

Madrid - Jahrelang stützten die Kirche, der Staat und die Parteien diese Mauer des Schweigens, an der alle Versuche einer Aufarbeitung der Vorwürfe des Kindesmissbrauchs in Spanien abprallten und in der Frustration der Betroffenen versandeten. Nun gibt dieser Wall unter dem Druck der kritischen Masse nach, die anwachsen muss, um Veränderungen herbeizuführen.

Kirche in Spanien: Parlament und Staatsanwaltschaft wollen Missbrauchsfälle aufarbeiten

Die Justiz will die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche in Spanien aufrollen. Generalstaatsanwältin Dolores Delgado wies die Staatsanwaltschaften an, alle möglichen Fälle zusammenzutragen. Viele davon dürften Jahre zurückliegen. Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft versprach aber, „die Opfer zu Wort kommen zu lassen“ und im Falle einer Verjährung „eine opferorientierte Justiz“ anzuwenden. Jüngst kamen immer wieder Missbrauchte zu Wort. Stets betonten sie, wie schwer es vielen erst fiel, darüber zu reden, und wie wichtig es ihnen nun sei, diese dunklen Episoden ihrer Vergangenheit zur Sprache zu bringen. Es ist ein Unding, dass bisher die Zeitung „El País“ als einstige Institution in Spanien die Missbrauchsfälle dokumentiert und 1.250 gesammelt hat, wo sonst jede Bagatelle und jeder Verkehrsunfall registriert wird.

Vor neun Monaten legte die katholische Kirche erstmals Daten über Fälle von Kindesmissbrauch offen. Die Bischofskonferenz sprach von 220 erfassten Fällen von sexuellem Missbrauch durch Geistliche seit 2001, von denen 151 Fällen abgeschlossen seien. Weitere Details, wie die Zahl der Opfer oder Angaben zu Tätern oder Tatorten enthüllte die Kirche nicht. Die Kirche leitete interne Untersuchungen über Straftatbestände ein, bei denen ihre eigenen Mitarbeiter unter Verdacht stehen. Die Generalstaatsanwaltschaft bezeichnete das Prozedere als „unzureichend“ und forderte die Kirche auf, jeden Verdacht direkt vor Gericht zu bringen.

Spanien und Missbrauchsfälle: Linksparteien treiben Ausarbeitung voran

Weiter voran trieben die Aufarbeitung zuletzt die Linksparteien Unidas Podemos, Bildu und ERC mit ihrem Bemühen um eine parlamentarische Untersuchungskommission. Damit rückten die Opfer erneut ins Interesse der Öffentlichkeit. Als der renommierte Schriftsteller Alejandro Palomas öffentlich machte, dass er im Alter von acht Jahren in einer katholischen Schule missbraucht wurde, brach die Mauer des Schweigens zusammen.

Ministerpräsident Pedro Sánchez stellte sich hinter die Opfer, die Abgeordneten – mit Ausnahme die der Volkspartei und die von Vox – stimmten am Dienstag für eine Untersuchung der sexuellen Gewalt an Minderjährigen in der katholischen Kirche. Nun ist die Frage nicht mehr das Ob sondern das Wie. Opfer drängen auf eine unabhängige Expertenkommission, die diese Fälle umfassender erfassen und aufarbeiten kann als eine, die sich aus Politikern zusammensetzt. „Wir werden es richtig machen“, sagte Regierungssprecherin Isabel Rodríguez.

Auch interessant

Kommentare