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Wer anderen eine Grube gräbt: Misstrauensvotum in Spanien gescheitert

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Von: Stephan Kippes

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Der Politiker Pedro Sánchez spricht bei einer Debatte im Parlament.
Das Misstrauensvotum gegen Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez ist gescheitert. © Eduardo Parra/dpa

Es war abzusehen: Das von den Rechtspopulisten Vox initiierte Misstrauensvotum gegen Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez ist gescheitert. Doch was heißt das für die anstehenden Wahlen?

Madrid – Das war eine politische Nullnummer. Die rechtspopulistische Vox wollte Spaniens Ministerpräsidenten Pedro Sánchez mit einem Misstrauensvotum über die Planke laufen lassen, fällt dabei selbst ins Wasser, während der vermeintliche Verräter an allem, was einmal Spanien gewesen sein soll, die Gunst der Stunde und die Aufmerksamkeit für sich zu nutzen weiß. Eigentlich müsste man meinen, die Rechte sollte nach all den Jahren besser wissen, mit welcher Art von Politiker sie es bei Ministerpräsident Pedro Sánchez (PSOE) zu tun hat.

Spanien: Deutliche Mehrheit im Parlament stimmt gegen Misstrauensvotum

Das sechste Misstrauensvotum seit Ende der Franco-Diktatur in Spanien wurde am Mittwoch im Unterhaus des Parlaments in Madrid mit einer klaren Mehrheit von 201 zu 53 Stimmen bei 91 Enthaltungen abgelehnt. Für die Absetzung von Sánchez stimmten bis auf eine Ausnahme nur die Abgeordneten von Vox. Es ist bereits der zweite Misstrauensantrag der Rechten gegen Sánchez in der laufenden Legislaturperiode, wobei sie sich diesmal hinter dem anerkannten, aber 89 Jahre alten Wirtschaftsprofessor Ramón Tamames verschanzten. „Das einzige Motiv für diesen destruktiven Misstrauensantrag ist der Wunsch, die Zeit um 50 Jahre zurückzudrehen“, meinte Ministepräsident Pedro Sánchez. Und in der Tat, einem Programm folgte dieses politische Theater nicht.

Das erste Misstrauensvotum gegen Sánchez scheiterte im Oktober 2020. Bei der Ankündigung der erneuten Initiative wollte Vox-Präsident Santiago Abascal nicht länger tatenlos zusehen, wie Sánchez den Staat zerstöre. Der Koalitionsregierung aus der sozialistischen PSOE und dem linksalternativen Bündnis Unidas Podemos wirft Vox die „Förderung der illegalen Einwanderung“ sowie die Zusammenarbeit mit separatistischen Parteien der Regionen Katalonien und Baskenland vor. An letzterem gibt es in der Tat nichts zu rütteln, weil die Minderheitsregierung auf die Stimmen kleiner regionaler Parteien angewiesen ist, nicht nur, aber auch, weil die drei rechts-konservativen Parteien in Spanien – Vox, PP und C’s – geradezu eine Frontalopposition betreiben.

Misstrauensvotum in Spanien: Konservative Volkspartei enthält sich

Die konservative spanische Volkspartei (PP) des nicht einmal anwesenden Oppositionsführers Alberto Núñez Feijóo enthielt sich bei der Abstimmung über den Misstrauensantrag und stimmte nicht wie im Oktober 2020 gegen das aussichtslose Vorhaben von Vox. Damit legten die Konservativen einen Eiertanz aufs politische Parkett, denn ganz wollen und können sie es sich nicht mit Vox verscherzen, da sie die Rechten benötigen, um die Linksbündnisse in Kommunen, Regionen und in Madrid von der Macht zu verdrängen.

„Die Enthaltung der PP legitimiert Vox“, kritisierte der PSOE-Parlamentssprecher Patxi López bei der Debatte zum Misstrauensvotum. Und in diese Kerbe schlug Pedro Sánchez mit einer ganz klaren Botschaft. Entweder mobilisiert sich die Linke bei den Wahlen in Spanien, oder Vox kommt an die Regierung. Diese Botschaft vertrat auch Vizeministerpräsidentin Yolanda Díaz. Die Kommunistin verteidigte den politischen Raum links der Sozialisten, indem sie versuchte, die Regierungskoalition in Spanien zu stärken. Ganz im Gegenteil zum Kurs von Unidas Podemos, die sich im Vorwahlkampf von den Sozialisten abgrenzen wollen. „Mit der PP haben wir zehn Jahre gebraucht, um aus der Wirtschaftskrise zu kommen. 560.000 Selbstständige sind auf der Strecke geblieben. Bei aller Bescheidenheit, wir regieren besser“, meinte Díaz.

Bei aller Kritik an Sánchez schätzte die PP es richtig ein, dass ein Misstrauensvotum in einem Superwahljahr nur der Regierung Auftrieb verschaffen kann. Bisher war nur eine moción de censura erfolgreich: Im Juni 2018 konnte Sánchez den Konservativen Mariano Rajoy stürzen und sein Amt übernehmen. Und das haben die Konservativen in Spanien bis heute nicht verwunden.

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