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Reisen in unsicheren Zeiten: Spaniens Tourismus-Branche steht vor einem Schicksalsjahr

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Von: Thomas Liebelt

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Zwei Frauen ziehen Koffer über eine Straße.
Spanische Tourismus-Hochburgen wie Benidorm sind während der Osterferien wieder voll. © David Revenga

Corona, Ukraine-Krieg, Inflation: Auch 2022 ist ein Krisenjahr, dennoch blickt Spaniens Tourismusbranche optimistisch in die nahe Zukunft. Die Zahlen zu Ostern schüren die Hoffnung auf Erholung.

Madrid - Immer an Ostern, wird abgeklopft, wie es Spaniens wichtigstem Wirtschaftszweig in diesem Jahr ergehen mag. 2022 hört sich das so an: „Weder Omikron noch der Krieg in der Ukraine dämpfen die Reiselust“, sagte der Vizepräsident der Tourismus-Lobby Exceltur, José Luis Zoreda. Die Penetranz, mit der auf Optimismus gemacht wird, erinnert an das Pfeifen im Wald. Denn die hohe Inflation und der Krieg könnten sich wohl auf das Urlaubsverhalten auswirken.

Nach zwei Corona-Krisenjahren hofft Spanien auf eine „normale“ Tourismus-Saison 2022

Dem Tourismus in Spanien täte eine „normale“ Saison nur zu gut nach zwei Corona-bedingten Katastrophenjahren. Zur Erinnerung: Im Tourismus-Rekordjahr 2019 erwirtschaftete die Branche 12,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im ersten Pandemiejahr 2020 waren es nur 5,5 Prozent. 2021 nur magere 7,4 Prozent. Im Vorfeld der Semana Santa stimmten die Tourismuszahlen denn auch. Die Nachfrage für die Ostersaison, so Zoreda, habe bei 90 Prozent von 2019 gelegen. Vor allem dank des nationalen Tourismus. Im zweiten Quartal werde man wieder auf Vorkrisenniveau liegen, gibt er sich überzeugt. Der Grund für diese Einschätzung liegt in der Auslandsnachfrage. Die Zuversicht nährt sich auch aus einem Exceltur-Umfrageergebnis. Nach Sektoren herrscht der größte Optimismus unter den Beherbergungsbetrieben. Hier rechnen 47,5 Prozent der befragten Unternehmen wieder mit dem gleichen Umsatz wie 2019. Was aber den Gewinn anbetrifft, ist die Zuversicht auf Unternehmerseite weitaus geringer.

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Die Preissteigerungen und die hohe Inflation wirken sich auf Kosten und Gehälter aus. „Nur 26 Prozent der Unternehmen meinen, die Mehrkosten über höhere Preise auffangen zu könnten“, sagte Exceltur-Präsident Zoreda. Vor allem bei Strom und Gas seien Mehrkosten von im Schnitt 28,3 Prozent entstanden, bei Kraftstoffen sind es 26,2 Prozent. Lieferanten wiederum würden 16,7 Prozent mehr verlangen. Zudem müssten höhere Gehälter gezahlt werden. Auch 2022 könnte unter dem Strich für die Unternehmen in Spanien kein befriedigendes Ergebnis übrig bleiben.

Reisen trotz Inflation? Ukraine-Krieg trifft Spaniens Tourismus-Branche in einem kritischen Moment

So macht ein gutes Ostergeschäft auch noch keinen guten Sommer. Und hier mischen sich die Bedenken unter den Optimismus. Solange der Ukraine-Krieg andauert, bleiben Gas, Erdöl und Strom teuer und schüren die Inflation. „Wenn die Energiepreise nicht noch weiter steigen und die Inflationsrate einstellig bleibt, können wir in Spanien weiter von einem exzellenten Sommer sprechen“ sagt Ricardo Fernández, Generaldirektor von Destinia.

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Jeder Rückschlag trifft die Tourismus-Branche in einem kritischen Moment. Wie die Hotelvereinigung Chat erinnerte, hätten 2020 und 2021 rund 100.000 Betriebe in Spanien das Handtuch geworfen. Viele Firmen hätten Umsatzeinbußen von 50 bis 80 Prozent verbucht und müssten nun zusätzlich die Krisenhilfen des Staatlichen Kreditinstituts (ICO) zurückzahlen.

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