Momentan diskutiert Spanien nicht mehr über Erneuerbare Energien, sondern über eine Wiederaufnahme der Midcat-Gasleitung, mittels der Gas nach Frankreich und Zentraleuropa transportiert werden soll. Nicht ohne Grund prangert die Greenpeace mit einer Protestaktion diese Rückkehr zu den fossilen Energien an, mit denen Europa der Umwelt und dem Klima schadet und obendrein Putins Krieg gegen die Ukraine finanziert.
Damit hören die innenpolitischen Probleme nicht auf, mit denen sich die Regierung Sánchez zuletzt wegen des Ukraine-Kriegs konfrontiert sieht. Die kleinen, selbständigen Brummifahrer befinden sich seit Montag in einem unbefristeten Streik, die Landwirte nehmen die Straßen in Beschlag und protestieren, weil sie nicht einmal kostendeckend produzieren können, die Fischer fahren wegen der astronomisch hohen Kosten für Kraftstoff und Energie nicht mehr aufs Meer hinaus, in den Supermarktregalen wird das Speiseöl knapp, vor Tankstellen bilden sich langen Schlangen und die ersten Familien fangen an, den Ofen in der Küche nicht mehr einzuschalten, die Waschmaschine weniger häufig zu nutzen oder beim Heizen zu sparen. Dass der Funke noch nicht überschlägt und mehr Massendemonstrationen stattfinden, dürfte wohl auch an der Solidarität der Spanier mit der Ukraine liegen. Doch wie lange hält das noch an?
Diese Entwicklung stellt die Regierung unter Zugzwang. Ministerpräsident Pedro Sánchez hat für den 29. März Steuersenkungen angekündigt. Vielen kommt das spät vor, um den rasanten Anstieg der Preise bei Diesel und Benzin abzufangen, schließlich machen Steuern und Abgaben um die 50 Prozent bei den Spritpreisen aus und bei einem Mehrwertsteuersatz von 21 Prozent gibt es Spielraum. Diesbezüglich schlagen die Koalitionspartner aber auch zwei unterschiedliche Richtungen ein. Die PSOE rückt mit pauschalen Steuersenkungen nach rechts, während Podemos sich dafür ausspricht, hohe Einkommen stärker zu belasten und niedrige zu entlasten, etwa mit einer Sondersteuer für Energiekonzerne oder einer Obergrenze für Mietpreise.
Schwierig wird es beim Strom und Gas. Sánchez drängt auf eine Reform bei der Strompreisbildung und versucht derzeit, in der EU eine Allianz zu bilden, um den Widerstand Deutschlands zu brechen. Etwa mit einem Maximalpreis von 180 Euro pro Megawattstunde. Sánchez hat in Mario Draghi aus Italien einen Verbündeten dafür gefunden. Kommende Woche wird Sánchez weiter nach Bündnispartnern im In- wie im Ausland suchen, um Spanien für die Krise zu rüsten, die Putins Angriff auf die Ukraine wenn nicht ausgelöst, dann doch beschleunigt hat.
Eine Versorgungskrise bei Grundnahrungsmitteln zeichnet sich für Mercadona-Chef Joan Roig wegen der Ukraine-Krise und dem Lkw-Streik in Spanien noch nicht ab, auch wenn die Regale mit Sonnenblumenöl recht luftig wirken, viele andere Getreideprodukte wie Mehl und Nudeln, aber auch Haferflocken und Hülsenfrüchte sich starker Nachfrage erfreuen. „Ich kann versichern, dass es keine Probleme mit fehlenden Produkten geben wird. Die spanischen und portugiesischen Nahrungs- und Versorgungsketten sind sehr stark“, sagte Roig. Die Regale vieler Supermärkte an der Costa Blanca vermitteln einen anderen Eindruck. Mit Mehl, auch Pasta und Öl sind etwa in den Carrefour-Märkten knapp, auch bei Aldi hört man von leeren Regalen und die Fischtheken einiger Supermärkte und Märkte in Spanien sind dicht.
Versorgungsprobleme dürfte man in Spanien erst dann zu spüren bekommen, wenn es wegen Putins Krieg gegen die Ukraine zu Ernteausfällen kommt. So fürchten die Bauernverbände schon um ihr Viehfutter, weil die Importe von Mais, Getreide und Ölkuchen knapp werden.