1. Costa Nachrichten
  2. Spanien
  3. Politik und Wirtschaft

Spanien: Wie geht es nach den Bränden weiter? Hilfen, Pläne und eine offizielle Katastrophe

Erstellt:

Von: Judith Finsterbusch

Kommentare

Politiker und Feuerwehrmänner stehen in einem von einem Waldbrand zerstörten Gebiet.
Nach den Waldbränden in Spanien: Ministerpräsident Pedro Sánchez, Valencias Regierungschef Ximo Puig und Innenminister Fernando Grand-Marlaska in Bejís. © Rober Solsona/dpa

Spaniens Regierung hat die von den verheerenden Waldbränden im Sommer betroffenen Landstriche zu Katastrophengebieten erklärt. Damit sollen Betroffene auch an der Costa Blanca schnell finanzielle Hilfen bekommen. Unterdessen laufen Ermittlungen zu dem Zug-Drama beim Waldbrand in Bejís.

Bejís – Über 19.000 Hektar in Schwarz-Weiß, die einzigen bunten Tupfer in der toten Landschaft sind die dezenten Farben der Politiker-Anzüge, deren Träger mit betroffenen Mienen durch das verbrannte Gebiet stapfen: Der Waldbrand bei Bejís in der Provinz Castellón ist das verheerendste Feuer, das die Region Valencia seit Jahren erlebt hat. Dazu kommt der Waldbrand im Vall d’Ebo im Hinterland der Costa Blanca mit weiteren 12.000 Hektar vernichteter Natur. Eine Katastrophe im Osten von Spanien, jetzt auch offiziell.

Nach den Waldbränden in Spanien: Hilfen für Betroffene in Katastrophengebieten

Am Dienstag, 23. August, beschloss das Kabinett in Madrid, die von 119 schweren Bränden betroffenen Gebiete in 15 der 17 Autonomen Gemeinschaften in Spanien zu Katastrophenzonen zu erklären. In der Region Valencia betrifft das sieben Feuer im Juli und August, nämlich die Brände in Petrer und Vall d’Ebo im Hinterland der Costa Blanca, Venta del Moro, Olocau und Calles in der Provinz Valencia und Bejís sowie Les Useres in Castellón. Betroffene wie eine deutsche Familie im Vall d‘Ebo, die bei dem Waldbrand alles verloren hat, sollen so schnell an Hilfen kommen, die sie dringend benötigen. „Die öffentlichen Institutionen müssen jetzt Hand in Hand arbeiten, um die betroffenen Gebiete gemeinsam wieder aufzubauen und nach vorne zu schauen“, meinte Valencias Ministerpräsident Ximo Puig bei einer Besichtigung der schwarz-weißen Landschaft von Bejís gemeinsam mit Regierungschef Pedro Sánchez und Innenminister Fernado Grande-Marlaska.

Sein Ministerium ist für die Verteilung der Hilfen in ganz Spanien zuständig. So können Betroffene von den Waldbränden finanzielle Unterstützung bis zu 18.000 Euro wegen Todesfällen von Angehörigen oder Behinderung in Folge der Brände beantragen. Maximal 15.120 Euro stellt die Regierung wegen „vollständiger Zerstörung des Hauptwohnsitzes“ zur Verfügung. Ist die Struktur des Hauses nach dem Feuer beschädigt, gibt es bis zu 50 Prozent des per Gutachten ermittelten Schadens, maximal 10.320 Euro. Das Gleiche gilt bei Schäden, die nicht die Struktur betreffen, hier vergibt das Ministerium maximal 5.160 Euro.

Finanzielle Hilfen nach den Waldbränden: Was Betroffenen in Spanien zusteht

Weitere Hilfen vom Staat gibt es für kaputte Haushaltsgeräte mit einem Limit von 2.580 Euro, für Schäden an Gemeinschaftsanlagen in Wohnblöcken, an industriellen Einrichtungen und Agrarbetrieben. Wer seinen verbrannten Führerschein oder Fahrzeugpapiere erneuern muss oder ein zu stark beschädigtes Fahrzeug abmeldet, muss dafür keine Gebühren bezahlen. Auch die Grundsteuer IBI müssen Eigentümer beschädigter Immobilien nicht verrichten, die Einkommenssteuer IRPF fällt bei Verletzungen weg, betroffene Unternehmen bekommen Erleichterungen bei der Gewerbesteuer IAE. Reparaturen an städtischen Gebäuden nach den Waldbränden werden zur Hälfte vom Innenministerium finanziert. Zusätzlich hat die valencianische Landesregierung das Umweltministerium gebeten, Gelder aus dem EU-Fonds Next Generation für den Wiederaufbau der von den Waldbränden betroffenen Gebiete zur Verfügung zu stellen.

Bleibt die große Frage, wie es weitergehen soll in diesen ländlichen Gebieten in Spanien, die ohnehin zu kämpfen hatten und deren einziger Wirtschaftsmotor die grüne Natur war, die Touristen anlockte – und wie Brände in der Zukunft verhindert werden können. „Es sind komplizierte Zeiten. Es kann gut sein, dass wir in den nächsten Jahren noch weitaus aggressivere Brände erleben werden“, meinte die valencianische Landwirtschaftsministerin Mireia Mollà. 1,3 Millionen Hektar sind in der Region Valencia als Waldfläche ausgezeichnet, das sind 57 Prozent der Gesamtfläche. Die gilt es zu schützen.

Nach den Waldbränden in der Region Valencia: Ermittlungen zu Vorfall mit Zug in Bejís

In den letzten Jahren hatte die Landesregierung mehrere Initiativen zur Vorbeugung von Waldbränden gestartet, die Überwachung der Berge intensiviert, Material zur Feuerbekämpfung angeschafft. All das half nichts gegen einen einzigen Blitzeinschlag wie in Bejís und im Vall d’Ebo, der jeweils die verheerenden Waldbrände auslöste. „Wir müssen dafür sorgen, dass mehr Schafe das Hinterland abgrasen, und die Landflucht entschlossener bekämpfen“, meinte Mollà – und sagte damit nichts Neues. Das Wie ließ sie offen.

Unterdessen laufen in Valencia die Ermittlungen zu einem Vorfall, der während des Waldbrandes bei Bejís Schlagzeilen machte: Wie konnte es dazu kommen, dass ein Zug 20 Minuten lang in unmittelbarer Nähe des Feuers anhielt, Menschen aus Fenstern und Türen sprangen und von den Flammen verletzt wurden? Die Guardia Civil hat zu dem Vorfall Ermittlungen aufgenommen und zunächst die Black Box des Zuges untersucht. Laut diesen Daten stand der Zug am 16. August von 17.54 bis 18.15 Uhr still. Unter den Fahrgästen brach Panik aus, während die Zugführerin die hintere Lok vorbereitete, um in Gegenrichtung zurückzufahren.

Dabei hatte die Frau die Passagiere zuvor per Lautsprecherdurchsage informiert, dass der Zug zurück in den Bahnhof von Caudiel fahren würde. Eigentlich hätte das Umkehrmanöver schnell abgeschlossen sein sollen, die Zugführerin brauchte vier Minuten, um das Steuerpult der vorderen Lok herunterzufahren, und weitere drei, um zur hinteren Lok zu gelangen. Dann hätte sie dort das System hochfahren müssen und weiterfahren können. Das Problem waren offenbar die Fahrgäste selbst: Einige gerieten in Panik und betätigten die Notbremse, um die Türen zu öffnen. Dadurch konnte die Zugführerin nicht starten. Zudem musste sie auf offizielle Bestätigung warten, dass die Gleise frei sind.

Auch interessant

Kommentare