Viel schlimmer als der Linken wird es indes den neoliberalen Ciudadanos ergehen, die bisher mit 21 Mandaten die Regierung von Moreno in einer Koalition stützten. Sie könnten - wie bei vielen Wahlen zuvor - gänzlich aus dem andalusischen Landtag gewählt werden oder mit Glück nochmals ein bis zwei Mandate ergattern. Niemand scheint mehr politisch Verwendung für die seit Jahren orientierungslos zwischen den Polen wankenden Postensucher zu haben. Das Projekt einer Kraft der Mitte in Spanien ist gescheitert - wohl auch, weil es die PP (Aznar) selbst inszeniert hat.
63 Prozent der 6,64 Millionen Wahlberechtigten in Andalusien wollen, so der Stand drei Tage vor der Wahl, sicher zur Wahl gehen, sechs Prozentpunkte mehr als 2018, als die Wahlbeteiligung in der kurzen Demokratiehistorie der Region ihren Tiefpunkt erreicht hatte. Jeder dritte Befragte gab allerdings an, noch nicht zu wissen, ob und wenn, wen er wählen wird. Auch der Anteil der Briefwahl, üblicherweise keine Lieblingsübung rechter Wähler, liegt doppelt so hoch wie vor vier Jahren. Demoskopische Unsicherheitsfaktoren, die Raum für Überraschungen lassen.
Zum Thema: Viel Emotion, wenig Inhalt: Stimmungsbild vom Wahlkampf zur Wahl in Andalusien 2022.
Nach jetzigem Bekenntnis möchte Juanma Moreno allein regieren. Die PP hätte mehr Sitze – halten sich die Wähler an die Umfragen –, als der gesamte Linksblock zusammen. Moreno, dem eine ehrliche Aversion gegen die Rechtsradikalen, aber auch eine unsterbliche Verliebtheit in seinen Posten nachgesagt werden, könnte ohne absolute Mehrheit Gesetze und Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, also mehr Ja- als Nein-Stimmen durchbringen, wenn er Vox zur Stimmenthaltung bringt.
Vox hingegen hat bereits verkündet, dass die PP "mit uns oder gar nicht" regieren werde. Eine „Duldung“ lässt sich Vox normalerweise durch politische Zugeständnisse, aber auch Pöstchen, Förderungen und Hinterzimmergefälligkeiten teuer abkaufen, um sie bei passender Gelegenheit dennoch platzen zu lassen, wenn es Parteichef Santiago Abascal für seine Strategie nützlich erscheint.
Die Linke warnt vor einem erpressbaren Landeschef, der seine Ablehnung gegen Vox kurz nach dem Wahlabend ändern und – nach Kastilien und León – die zweite ordentliche Koalition mit der extremen Rechten eingehen könnte. Morenos Antwort an die Linke ist so schlüssig wie aberwitzig: Wenn ihr anstelle der PSOE meine PP wählt, wird das nicht nötig sein.
Video: Ein Pfau (Pavo Real) stürmt die Bühne der Linken beim Wahlkampf in Andalusien)
Sollte eine Alleinregierung nicht möglich sein, wollte Moreno lieber Neuwahlen als mit Vox zu regieren. Sagt er jetzt. Seine Parteikollegen in anderen spanischen Regionen, Madrid, Murcia oder Castilla und León sagten ähnliches vor der Wahl, um nur Tage später umzufallen. Und eigentlich wollte Moreno auch mit Vox zusammenarbeiten, dass die Rechtsradikalen ihn beim Haushaltsentwurf auflaufen ließen, war schließlich der Grund für die vorgezogenen Neuwahlen in Andalusien.