Kein Strang zum Ziehen: Spanien begeht Weltfrauentag mit reichlich Zündstoff

Zum Weltfrauentag am 8. März zeigt sich in Spanien nicht nur die Regierung uneinig in Sachen Gleichstellung. Auch die Frauenbewegung selbst ist in zwei Lager gespalten.
Madrid - Der Bruch ist da. Am Weltfrauentag, 8. März, müssen Frauen und Männer in Spanien in vielen Städten wählen, welcher der beiden Demonstration sie sich anschließen wollen, um welche Maßnahmen auch immer einzufordern, die die Gleichberechtigung irgendwie stärken sollen. Konkret gibt es vieles, was man sich als Normalbürger vorstellen könnte, etwa ein Ende der Ausbeutung von Haushaltshilfen, mehr Kindergeld, Regelungen, mit denen sich Familie und Beruf vereinbaren lassen oder die berufstätigen Alleinerziehenden das Leben etwas leichter machen.
Weltfrauentag in Spanien: Frauenbewegung in zwei Lager gespalten
Salopp gesagt aber streitet man sich am internationalen Frauentag 2023 in Spanien darum, ob jeder dahergelaufene Mann mit dem Ley Trans zur Frau werden kann oder ob man jetzt das abschaffen muss, was sich einfach nicht abschaffen lässt, die Prostitution. „Es gibt überhaupt keine Diskussion um unsere Ablehnung gegen die Vermarktung des weiblichen Körpers. Der Feminismus ist entstanden, damit Frauen nicht mehr Eigentum der Männer sind“, meint Ana de Blas vom Movimiento Feminista.
So gibt es an diesem Mittwoch, 8. März, in Spanien zum Weltfrauentag eine Bewegung, die für Frauenrechte, aber gegen die Galionsfigur des Feminismus, Irene Montero, demonstrierte. Die Ministerin für Gleichstellung boxte das umstrittene Gesetz für Transsexuelle durch, provozierte mit dem Gesetz zur sexuellen Freiheit – bekannt als solo sí es sí – in 721 Fällen einstweilig Strafminderungen für Sexualstraftäter und fuhr ein in den Grundzügen überfälliges und anerkanntes Gesetz an die Wand.
Weltfrauentag in Sapnien: „Feministische“ Regierung und konservative Frauenbewegung
Dieser etwas verkrustet wirkende Flügel folgt in Grundzügen der konservativen Frauenbewegung Movimiento Feminista de Madrid und steht am Weltfrauentag in Spanien der progressiven Flanke der Comisión 8-M gegenüber – eine integrierende Frauenbewegung. Dort dürfen sich alle so wie sie sind für mehr Gleichberechtigung stark machen, auch Prostituierte, Transsexuelle und alle anderen sexuellen Identitäten, die in dem Kollektiv LGTBIQ eine Heimat finden.
Zum Weltfrauentag marschiert am 8. März in Spanien eine Regierung mit, die sich seit jeher als „feministisch“ charakterisiert. Auch sie ist gespalten, wie die Frauenbewegung muss auch sie einen Tiefpunkt überwinden. Am Dienstag drückten die Sozialisten ihre Reform des Gesetzes solo-sí-es-sí durch und verwässerten die von Unidas Podemos ausgelegte Richtlinie, dass sexuelle Beziehungen auf der Grundlage des gegenseitigen Einverständnisses beruhen müssen.
Gesetz mit Unterstützung der Konservativen: Spanische Regierung uneinig
Podemos stimmte nicht nur gegen das Gesetz, die Sozialisten mussten auf die Unterstützung der konservativen PP bauen und sich die Enthaltung von Vox sichern. Ausgerechnet Vox, die nicht einmal die Existenz von geschlechtsspezifischer Gewalt anerkennen. Dabei vergeht keine Woche in Spanien, in der nicht irgendein Mann seine Partnerin umbringt. Nicht mit wem, sondern für wen man etwas beschließt, hält PSOE-Sprecher Patxi Lóepz für entscheidend. Die Sozialisten seien zu der Gesetzgebung der Manada zurückgekehrt, meinte Ministerin Montero. So weit hätte es nie kommen dürfen, stellte Arbeitsministerin Yolanda Díaz fest.
Ministerpräsident Pedro Sánchez sah wohl einen Tsunami kommen und wollte die Wogen glätten mit einem neuen Gesetz, das die Gleichstellung bei der Besetzung einflussreicher Posten in Politik und Wirtschaft sicherstellt. Eine Quotenregel also warf er der desillusionierten Anhängerschaft vor. Die Pläne sehen mehrjährige Übergangsfristen und Gesetzesänderungen vor. In den Führungsgremien größerer Unternehmen soll in Spanien künftig jedes der beiden Geschlechter mindestens 40 Prozent der Posten innehaben.