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Bald Windkraft-Friedhöfe in Spanien? Windräder führen zu enormem Entsorgungs-Problem

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Von: Daniela Schlicht

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Ein Windpark mit Windrädern bei Sonnenuntergang umgeben von ein paar Bäumen
Die Entsorgung von Windrädern ist nicht nur in Spanien ein Problem. © Pixabay

Ausgediente oder beschädigte Windräder stellen ein immer größeres Müll- und Entsorgungsproblem dar. Gibt es bald erste Windkraft-Friedhöfe in Spanien?

Madrid – Spanien hat ein Entsorgungs-Problem, denn über 1.600 Windparks mit ihren Windrädern nähern sich dem Ende ihrer Nutzungsdauer und es gibt keine wirkliche Recycling-Option dafür. Gleichzeitig entsteht ein Wiederverkaufsmarkt, von dem die Windenergie-Unternehmen ein weiteres Mal profitieren können. Wofür jedoch niemand die Verantwortung zu übernehmen scheint, sind die durch die Windräder entstandenen Probleme, wie das Wirtschafts- und Finanz-Portal „Libremercado“ berichtet. Eine Schattenseite, die im Goldrausch bei den Erneuerbaren Energien in Spanien bisher wenig Beachtung findet.

Für die Entsorgung des Mülls durch Schäden an Windrädern fühlt sich in Spanien niemand zuständig

Von den Entsorgungs-Problemen des anfallenden Mülls durch ausgediente Windräder in Spanien kann ein Wartungstechniker, der es vorzieht, anonym zu bleiben, ein Lied singen: Allem Anschein nach fühlt sich bisher niemand so recht zuständig. „Ein Flügel brach und musste ersetzt werden. Das kaputte Blatt wurde direkt unter der Windkraftanlage zurückgelassen. Als ich das Unternehmen verließ, war der Flügel immer noch da. Und das ist er wahrscheinlich noch heute“, so der Techniker gegenüber „Libremercado“. Nicht viel anders erging es den fünf Windturbinen des Windparks Montaña Mina auf der Kanareninsel Lanzarote. Sie wurden 1992 errichtet und von der Betreibergesellschaft vor Jahren aufgegeben. Die obige Aussage des Wartungstechnikers ist also kein Einzelfall.

Nicht viel anders klingt Juan José Asensio vom Verein zur Verteidigung der Las Merindades, eines ökologisch wertvollen Gebietes im Norden der Autonomen Region Kastilien-León in Spanien. Er beklagt, dass im Windpark Ayoluengo in Sargentes de la Lora in Burgos eines der Windräder bei einem starken Windstoß zu Boden stürzte und heute noch dort liegt. Vor sieben Jahren brachte der Sturm Ana ein weiteres Windrad in Manzanedo zum Einsturz und ließ weitere ohne Flügel zurück. Der spanische Windenergieverband (Asociación Empresarial Eólica) bestätigt, dass die Verantwortung für die Instandhaltung der Windparks sowie deren späteren Rückbau „immer bei der Betreibergesellschaft“ liegen. Gleichzeitig wird aber eingeräumt, dass „derzeit keine gesetzlichen Sanktionen“ vorgesehen sind, wenn diese Verpflichtung nicht nachgekommen wird.

Neben dem Entsorgungs-Problem gehen von Windrädern auch Gefahren und Risiken aus

Beschädigte Windräder stellen nicht nur ein Problem bei der Entsorgung dar, sondern von ihnen können auch Gefahren und Risiken ausgehen. Erst vor einem Jahr setzte eine Panne die Turbine eines Windrads in einem Windpark ganz in der Nähe der Stadt Burgos in Spanien in Brand. Hieraus lässt sich die Gefahr erkennen, die von Windparks in der Nähe von Siedlungsgebieten ausgeht. „Wenn etwas schiefgeht, wirkt sich das direkt auf die Flügel aus. Die Windräder – auch wenn es so aussieht, als würden sie sich langsam drehen – erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 300 Stundenkilometern“, erklärt Juan José Asensio. Und wenn eine Rotorbremse fehle oder eines der Bauteile versage, können Geschwindigkeiten von 600 bis 700 Stundenkilometern erreicht werden, was das Windrad sprichwörtlich ‚auseinanderfliegen‘ lasse.

Auch die Umwelt im Windpark-Gebiet ist Risiken und Gefahren ausgesetzt: „Wenn ein Windrad beispielsweise einen Geier tötet, muss man das eigentlich melden. Aber sie sagten uns, wir sollten ihn in einen Müllsack stecken und auf dem Heimweg aus dem Park in den ersten Container werfen“, weiß besagter Wartungstechniker zu berichten. Und Böden können kontaminiert werden. „Bei bestimmten Pannen, die zu unkontrollierten Ölaustritten führen, muss die kontaminierte Erde entfernt werden. Das war aber nicht immer der Fall. Wenn niemand davon wusste, gab es ja auch keinen Handlungsbedarf.“ Ausgelaufenes Öl, das in den Boden sickert, kann aber in das Grundwasser gelangen. Ebenso wies ein Plusminus-Bericht auf die Schädlichkeit von SF6 in Windrädern hin, das „wohl stärkste und somit gefährlichste Treibhausgas, das es gibt“.

Entsorgungs-Problem bei Windrädern: Gibt es bald Windkraft-Friedhöfe in Spanien?

Das Entsorgungs-Problem ausgedienter oder beschädigter Windräder basiert auf den Tatsachen, dass Windkraftanlagen groß, schwer und teilweise nicht recyclebar sind. Das Material, aus dem der Windkraftanlagenkörper gefertigt ist, kann recycelt werden. Nichtsdestotrotz, bei einem Rückbau fallen Unmengen an Stahl und Beton an. Das Hauptproblem aber sind die Rotorblätter, die aus Glasfasern bestehen, genau genommen aus Balsaholz (aus dem Amazonasgebiet), mit glasfaserverstärkten Kunststoffen wie PET/PVC und Epoxidharz. Mittlerweile hat sogar die deutsche Bundesregierung bestätigt, dass die gewaltigen Rotorblätter aus faserverstärktem Kunststoff sich bislang nicht recyceln lassen. Dazu sind sie wegen ihres Gewichts und der Größe schwer zu handhaben. Die Rede ist von vorwiegend 40 Metern und etwa 12 Tonnen.

Zwar soll am Bau einer Recyclinganlage gearbeitet werden, jedoch ist das für die 1.600 Windparks in Spanien, die sich ihrem Ende nähern, noch keine Option, und öffnet somit die Tür zu den sogenannten Windkraft-Friedhöfen: eine Entsorgung, die zwar legal ist, aber angesichts der Bilder aus den USA Anlass zur Sorge gibt. In den Vereinigten Staaten werden Massen an ausrangierten Windrad-Rotoren teils in zehn Metern Tiefe vergraben. Im Gegensatz zur Fertigstellung von umweltfreundlichen Recycling- beziehungsweise Entsorgungsmöglichkeiten ist das Tempo der Auftragsvergabe für Windenergie enorm, was mittelfristig auch in Europa zu unvorstellbaren Abfallmengen führen wird. Nicht minder ist das Tempo bei den Installationen von Mega-Solarparks wie beispielsweise in Andalusien. Erneuerbare Energien ja - aber Klima, Umwelt, Natur und die Gesundheit von Mensch und Tier dürfen dabei nicht außer Acht gelassen werden, äußern immer mehr kritischen Stimmen.

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