1. Costa Nachrichten
  2. Sport

Verletzungen und die „Angst, abgeschoben zu werden“: Wie VfB-Star Silas seine Leichtigkeit verlor

Erstellt:

Von: Niklas Noack

Kommentare

Der VfB Stuttgart hatte mit Silas Katompa Mvumpa einen Profi, der als künftiger Star galt. Es folgten Verletzungen und die Angst vor der Abschiebung. 

Stuttgart - Viel zu lässig will Werder Bremens Ömer Toprak die Kugel mit der Brust zu seinem Torwart Jiri Pavlenka ablegen. Eine Situation, wie gemacht für Silas Katompa Mvumpa, der gedankenschnell dazwischen geht und im Anschluss aufreizend langsam in Richtung leeres Tor spaziert, bevor er die Murmel über die Linie rollen lässt.

Mit diesem Treffer sorgte Silas für eine hitzige Debatte: Handelte es sich um unsportliches Verhalten oder war es doch ein legitimes Zeitspiel? Unabhängig davon, welcher Ansicht man ist, spiegelt die Szene jedoch sehr gut wider, mit welchem Selbstverständnis und Selbstbewusstsein Silas zu dieser Zeit auf dem Platz auftrat. In einer Phase, in der ihm einfach alles zu gelingen schien und der Kongolese mit unnachahmlichen Dribblings und Drang zum Tor nicht nur Anhänger des VfB Stuttgart begeisterte, sondern ganz Fußball-Deutschland. In seinen ersten 19 Bundesligapartien schoss er satte elf Tore.

VfB Stuttgart: Silas‘ Höhenflug wurde abrupt und schmerzvoll ein Ende gesetzt

Mehr als zwei Jahre ist dieser 2:1-Sieg des damaligen Aufsteigers VfB Stuttgart gegen Werder Bremen nun schon her, bei dem Silas neben dem viel diskutierten noch einen weiteren Treffer beisteuerte. Seitdem ist allerdings vieles passiert. Vieles, was die Karriere des zweifelsohne großen Talents auf den Prüfstand stellte.

Angefangen mit dem Kreuzbandriss, den sich Silas in einem Zweikampf mit dem damaligen Bayern-Verteidiger David Alaba zuzog. Eine Verletzung, die Silas‘ Höhenflug in der Bundesligasaison 2020/21 abrupt und schmerzvoll ein Ende setzte. Doch auch, als er sich davon zunächst erholt hatte, blieb der Kongolese vom Pech verfolgt: Erst infizierte er sich mit dem Coronavirus, bevor ihn eine schwere Schulterluxation erneut mehrere Monate außer Gefecht setzte.

„Silas ist sicher noch ein gutes Stück von seiner Optimal-Form entfernt.“

Fabian Wohlgemuth, Sportdirektor des VfB Stuttgart

Inzwischen ist der Dribbelkünstler aber – abgesehen von kleineren Rückschlägen – wieder fit. Schon in der Sommervorbereitung machte Silas einen guten Eindruck und hatte sichtbar an Oberkörpermuskulatur zugelegt, um präventiv Verletzungen zu vermeiden. Doch von seiner Leichtigkeit, die ihn ausmachte, fehlt trotzdem weiterhin jede Spur. VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth sagte gegenüber BW24 dazu: „Silas ist sicher noch ein gutes Stück von seiner Optimal-Form entfernt. In Anbetracht seiner Verletzungshistorie ist das auch nicht ganz überraschend.“

VfB-Star Silas wurde Opfer eines windigen Beraters

Doch liegt es wirklich nur an den – zugegebenermaßen schweren – Verletzungen? Oder steckt noch mehr dahinter? Denn neben den körperlichen Problemen beschäftigte Silas in den vergangenen zwei Jahren immer wieder das Thema um seine falsche Identität, über die er im Frühjahr 2021 zum ersten Mal öffentlich sprach. Dabei erklärte er, er sei von seinem damaligen Berater gezwungen worden, unter dem falschen Namen Silas Wamangituka aus dem Kongo zum FC Paris zu wechseln. Dadurch verdiente der Berater schlussendlich mehr Geld und hatte den jungen Fußballer komplett unter seinen Fittichen. Als sich Silas jetzt vor Gericht wegen Urkundenfälschung verantworten musste, sagte er laut der Stuttgarter Zeitung: „Es gab Zeiten, da habe ich gelebt wie ein Sklave.“

„Silas ist sehr erleichtert, weil er jetzt nichts mehr zu befürchten hat und endlich seine Freiheit zurückhat.“

Mehmet Eser, Berater von Silas

Diese heftigen Worte lassen nur erahnen, durch welche Hölle Silas in dieser Zeit ging, um seinen Traum vom europäischen Fußballgeschäft zu verwirklichen. Eine prägende Lebensphase, die er in den vergangenen Monaten vor Gericht nochmals aufarbeiten musste. Dabei bekam Silas von der Richterin schonungslos vor Augen geführt, dass in den vergangenen Jahren seine Persönlichkeitsentwicklung teilweise auf der Strecke geblieben war. Eine Ansicht, die, wie zu hören ist, beim VfB nicht jeden überraschen sollte. Das harte Fazit der Richterin lautete: Silas habe „nicht unbedingt die Reife eines 24-Jährigen.“ Am Ende des Verfahrens wurde Silas zu einer Geldstrafe von 50.000 Euro verurteilt. Eine überschaubare Summe, die an karitative Einrichtungen in Stuttgart geht.

Silas Katompa Mvumpa vom VfB Stuttgart läuft auf dem Trainingsplatz.
VfB-Star Silas Katompa Mvumpa zählte einst zu den Shooting-Stars der Bundesliga, doch dann bremsten Verletzungen und persönliche Schicksale seinen Höhenflug. © Pressefoto Rudel/Herbert Rudel/IMAGO

VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth: „Er kann noch ein ganz wichtiger Spieler für uns werden“

Aber welchen Einfluss hatte das Gerichtsverfahren und die damit einhergehende Vergangenheitsbewältigung auf die sportliche Leistung von Silas? Trainer Bruno Labbadia sagte zuletzt, er sei sich sicher, „das macht etwas mit einem“ und er sei froh, dass „das Ganze vorbei ist.“

Ähnlich äußerte sich der aktuelle Silas-Berater Mehmet Eser gegenüber BW24: „Silas ist sehr erleichtert, weil er jetzt nichts mehr zu befürchten hat und endlich seine Freiheit zurückhat.“ Laut Eser hätte die Verhandlung seinem Spieler nämlich schon „sehr beschäftigt“. Dabei ging es unter anderem immer „um die Angst, abgeschoben zu werden“, so der Berater. Von der Meinung der Richterin, Silas sei nicht reif genug, hält Eser derweil nichts: „Das ist eine Unverschämtheit. Die kennt ihn gar nicht. Das ist ein Vorurteil, das eine Richterin, die so ein Amt vertritt, nicht von sich geben darf.“

Auf dem Platz stand Silas zuletzt wieder weniger. Wegen einer Zerrung und einem unangenehmen Bluterguss am Schienbein, aber eben auch aufgrund seiner schwachen Form. Diesbezüglich ist Sportdirektor Wohlgemuth positiv gestimmt: „Es kann manchmal ganz schnell gehen. Er kann noch ein ganz wichtiger Spieler für uns werden.“

Auch interessant

Kommentare